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Girls‘ Day 2019 – für mehr Frauen in MINT-Berufen

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Kfz-Mechatronikern prüft Ölstand an einem Auto

Am 28. März findet der Girls‘ Day 2019 statt. An diesem Tag bekommen alljährlich Mädchen und junge Frauen die Möglichkeit, in sogenannte MINT-Berufe reinzuschnuppern, also in Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik (IT), Naturwissenschaft und Technik, die klischeehaft als Männerberufe gelten. Unternehmen, Betriebe und Hochschulen öffnen an diesem Tag ihre Türen und versuchen, beim weiblichen Nachwuchs die Begeisterung für Berufe aus dem naturwissenschaftlich-technischen Bereich zu wecken und Fragen rund um Arbeitsalltag, Ausbildung und Studium zu beantworten.

Gründe für einen solchen Mädchenzukunftstag gibt es einige, denn immer noch sind Frauen in MINT-Berufen deutlich unterrepräsentiert. Warum das so ist, was dagegen unternommen wird und einiges mehr rund um Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Berufen besprechen wir in diesem Artikel.

Frauen in MINT-Berufen – der Status Quo

Trotz vieler Initiativen wie „Komm, mach MINT“ und Aktionstagen wie den eingangs genannten ist die Verteilung unter den Geschlechtern in den naturwissenschaftlich-technischen Berufen, Ausbildungen und Studiengängen nach wie vor sehr unausgeglichen. MINT-Berufe sind immer noch Männer-Domänen. Laut einer Studie der Bundesagentur für Arbeit aus dem Herbst 2018 sind nur 15 Prozent der aktuell etwa 7,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in diesem Bereich weiblich. Dabei steht besonders der nicht-akademische Sektor schlecht da. Der Frauenanteil in den im Jahr 2017 begonnenen Berufsausbildungsverhältnissen im MINT-Bereich betrug lediglich 11 Prozent. Die beliebtesten Ausbildungsberufe bei den weiblichen Azubis waren ganz andere:

  1. Kauffrau für Büromanagement
  2. Medizinische Fachangestellte
  3. Zahnmedizinische Fachangestellte
  4. Kauffrau im Einzelhandel
  5. Verkäuferin

Doch der Mangel an MINT-Berufen betrifft nicht nur die Top 5: Unter den 20 beliebtesten Ausbildungsberufen der jungen Frauen ist nicht ein einziger, der naturwissenschaftlich, technisch oder informationstechnologisch geprägt ist. Bei den Männern hingegen gehören vier der fünf beliebtesten Ausbildungsberufe (Kraftfahrzeugmechatroniker, Elektroniker, Fachinformatiker, Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik) in genau diesen Bereich. Lediglich der Kaufmann im Einzelhandel auf Platz 4 fällt da heraus.

Besser, wenn auch nicht gut, sieht es an den Universitäten und Hochschulen aus. 28 Prozent aller Studierenden in den MINT-Fächern sind weiblich. Auch hier sind Frauen deutlich unterrepräsentiert; über sämtliche Studiengänge hinweg stellen sie schließlich etwa die Hälfte der Studierenden. Zudem entfällt ein sehr großer Anteil der MINT-Studentinnen auf eine Handvoll Studiengänge, wo Frauen sogar, teils deutlich, in der Mehrzahl sind:

In verkehrstechnischen und elektrotechnischen Studiengängen hingegen stellen sie nur 12,8 bzw. 16 Prozent der Eingeschriebenen und auch in anderen lukrativen Ingenieurwissenschaften sowie der Informatik sieht es nicht viel besser aus.

Insgesamt nimmt der Anteil weiblicher Studierender, Auszubildender und Angestellter im MINT-Bereich zwar zu, doch nur in einem sehr geringen Maße.

Was sind die Ursachen für den geringen weiblichen Anteil im MINT-Bereich?

Stereotype wie „Frauen sind zu schwach, interessieren sich nicht für Technik und wollen sich die Hände nicht schmutzig machen“ sind nach wie vor weit verbreitet, was sie aber nicht richtiger macht. Mal abgesehen davon, dass auf viele der MINT-Berufe kaum etwas davon zutrifft. Nicht überall im naturwissenschaftlich-technischen Bereich braucht man körperliche Kraft und auch die Finger bleiben häufig sauber. Selbstverständlich sollte ein gewisses technisches oder naturwissenschaftliches Interesse und Verständnis vorhanden sein. Die Voraussetzungen dafür sind aber bei Mädchen und Frauen grundsätzlich genauso gut wie bei Jungs und Männern.

Dass beides bei Frauen offenbar weniger stark ausgeprägt ist, hat vielmehr mit in weiten Teilen der Gesellschaft verbreiteten Einstellungen, tief verwurzelten Klischees und mit Erziehung zu tun. Im Kindergartenalter und selbst noch zu Beginn der Grundschulzeit sind Interesse an naturwissenschaftlichen Phänomenen und technischen Zusammenhängen bei den Geschlechtern nahezu gleich stark ausgeprägt. Mädchen bekommen jedoch oft von Kindesbeinen an vermittelt, dass es ‚unweiblich' sei, sich mit diesen Themen zu beschäftigen. Ein plakatives und vereinfachtes Beispiel: „Mit Autos spielen doch nur Jungs, kümmere du dich mal lieber um deine Puppe.“ Und so werden viele Jungs später eben Kfz-Mechatroniker und zahlreiche Mädchen möchten als Friseurin (Platz 7 der beliebtesten Ausbildungsberufe junger Frauen) ihre Kundschaft umsorgen oder als Medizinische Fachangestellte ihre Patientinnen und Patienten pflegen. Vieles davon passiert unterbewusst und unbeabsichtigt, so dass auch Kinder von (vermeintlich) vorurteils- und klischeefrei erziehenden Eltern betroffen sind. Spätestens in Kindergarten oder Schule kommen die Kinder dann aber unweigerlich mit Geschlechter- und Rollenklischees in Berührung.

Diese seit langem verbreiteten und gängigen Klischees und Vorurteile haben auch dazu geführt, dass Kinder verhältnismäßig wenige Frauen in klassischen ‚Männerberufen‘ kennen und erleben. Dadurch fehlen vielen jungen Mädchen positive Vorbilder, die ihnen vermitteln, dass es auch anders geht, dass ein Mädchen eben nicht zwangsläufig einen ‚Frauenberuf‘ ergreifen muss. Diese Rollenvorbilder, auch role models genannt, sind jedoch wichtig für Heranwachsende, wenn es um die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit und damit auch der Interessen und Talente geht.

Warum sollen mehr Frauen in MINT-Berufen arbeiten?

Der größte Antrieb für Wirtschaftsverbände und Arbeitgeber ist sicherlich der teils dramatische Fachkräftemangel, besonders auf der Ebene der Ausbildungsberufe, aber teilweise auch im akademischen Bereich. Den Wirtschaftssektoren mit technischem und/oder naturwissenschaftlichem Fokus entgeht jede Menge Potenzial, wenn ein großer Teil der Bevölkerung von vornherein nicht als möglicher Arbeitnehmer zur Verfügung steht oder infrage kommt. Das ändern zu wollen, ist aus Unternehmersicht nachvollziehbar. Daher unterstützten sie Aktionstage wie den Girls‘ Day und arbeiten mit Initiativen der Bundesregierung, der Landesregierungen oder von Wirtschaftsverbänden zusammen, die Mädchen und Frauen mit MINT-Berufen in Kontakt bringen. Auch Mentorinnen-Programme im akademischen Bereich gibt es vereinzelt. Diese liefern nicht nur weibliche role models für den akademischen Führungsnachwuchs, die erfahrenen Berufstätigen können auch mit praktischem und relevantem Rat zur Seite stehen.

Ein weiteres Argument für mehr Frauen in MINT-Berufen ist der viel diskutierte Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen. Denn ein Teil dieser Lücke resultiert aus den Berufen und Branchen, in welchen Frauen häufig arbeiten. In Bereichen wie Einzelhandel, Gesundheit und Pflege, Tourismus, Hotellerie und Gastronomie oder in zahlreichen Berufen des Dienstleistungssektors wird grundsätzlich schlechter bezahlt als in weiten Teilen der Industrie, der IT-Branche oder in Forschung und Entwicklung. Bleiben Frauen also den technischen und naturwissenschaftlichen Berufen fern, verzichten sie auch auf die Verdienstmöglichkeiten dieses Bereichs. Wenn man also möchte, dass der Unterschied zwischen den Gehältern von Frauen und Männern sich verringert oder verschwindet, dann muss man auch ein Interesse daran haben, dass jungen Frauen der Weg in MINT-Berufe eröffnet oder erleichtert wird.

Fazit: Frauen und MINT

Natürlich kann es nicht darum gehen, Frauen in MINT-Berufe zu treiben, die sie möglicherweise gar nicht interessieren. Die Initiativen und Aktionen wie z. B. der Girls‘ Day sollen vor allem die naturwissenschaftlich-technischen Berufe als Möglichkeit in den Blick des weiblichen Nachwuchses bringen, die sie sonst vielleicht überhaupt nicht in Betracht ziehen würden. Denn durch Erziehung und gesellschaftliche Rollenklischees weiß manches Mädchen vielleicht gar nicht von seinem möglichen Talent und Potenzial für diesen Bereich sowie den beruflichen Möglichkeiten, die es hier gibt.

Entscheidend wird aber langfristig, dass sich grundlegend etwas an den gesellschaftlichen Einstellungen und den damit zusammenhängenden Klischees verändert. Aktionstage und Initiativen allein können zwar gewisse Effekte haben, lösen jedoch nicht das grundsätzliche Problem. Mehr Ermutigung der Mädchen durch Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte, auch ihrem Interesse für Naturwissenschaft oder Technik nachzugehen, scheint dringend notwendig. Es ist zudem wichtig, die Selbsteinschätzung von Mädchen zu stärken, die oft bereits in den unteren Klassen wenig Vertrauen in ihre mathematischen oder technischen Fähigkeiten und Talente haben. Auch eine Ausweitung der Unterrichtsstunden in Fächern wie Physik, Technik und Informatik, die im Vergleich zum Biologieunterricht in den Schulen häufig zu kurz kommen, könnte förderlich sein. Aber auch Politik und die Arbeitgeberseite sind gefragt, wenn es z. B. darum geht, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, so dass nicht die familiäre Situation vorgibt, welche Berufe überhaupt in Frage kommen.

Der Grundsatz muss sein: Jeder Mensch soll unabhängig vom Geschlecht den Beruf ergreifen können, der den eigenen Interessen, Talenten, Vorstellungen und Bedürfnissen entspricht.

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Quellen:

Bundesagentur für Arbeit
Handelsblatt
Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V.
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Zeit Online