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Ländervergleich Holland: Arbeit, Gehalt und Leben in den Niederlanden

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Windmühle an einem Kanal in den Niederlanden

Die Niederlande, im deutschen Volksmund meist liebevoll Holland genannt, sind nicht nur ein direkter Nachbar, sondern auch ein wichtiger Handelspartner für Deutschland. Unzählige Deutsche verbringen jedes Jahr ihren Sommerurlaub an und auf den Seen, Kanälen, Binnenmeeren und Meeren der niederländischen Nachbarn. Schon seit Jahrhunderten prägt der gemeinsame Handel die Beziehung zwischen den Nationen und nicht nur die Rivalität im internationalen Fußball hat bei vielen zu einer Art Hassliebe zu unseren Nachbarn in Oranje geführt. Viele Niederländer, besonders in der Grenzregion, sprechen oder verstehen zumindest ein wenig Deutsch und immer wieder stellt sich für viele Deutsche die Frage nach einer Verlegung des Lebens- und/oder Arbeitsmittelpunkts ins Land der Grachten. Was man diesbezüglich wissen sollte, was den Arbeitsalltag, die Gehälter und das Lebensgefühl kennzeichnet, klären wir im folgenden Beitrag.

Kennzahlen: Arbeiten in den Niederlanden

  • Einwohnerzahl: 17,3 Mio.
  • Währung: Euro (US-Dollar in den Karibischen Niederlanden Bonaire, Sint Eustatius und Saba sowie deren Nebeninseln)
  • Durchschnittlicher Verdienst: 2017 betrug das Durchschnittseinkommen 52.877 Euro brutto im Jahr (OECD-Datensatz). Dieser Wert wird jedoch durch einzelne sehr hohe Gehälter verzerrt, so dass laut CPB (Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis) der am häufigsten vorkommende Bruttojahreslohn bei ca. 34.000 Euro (2.615 Euro brutto im Monat) liegt und für 2019 bei ca. 36.000 Euro brutto im Jahr (2.769 Euro brutto im Monat) erwartet wird.
  • Gehaltsbestandteile: Das Grundgehalt in den Niederlanden setzt sich aus dem Erwerbseinkommen ohne Zuschläge für Überstunden, Urlaubsgeld, Gewinnbeteiligung und sonstige Sonderzuschläge zusammen. Zu diesem Grundlohn kommen acht Prozent des Bruttojahreslohns als Urlaubszuschlag hinzu. Dieser ist gesetzlich geregelt und nach oben gedeckelt. Krankenversicherungsbeiträge werden nicht vom Gehalt abgezogen, sodass Arbeitnehmer selbst und eigenständig die jeweiligen Beiträge an die niederländische Zorgverzekeraar zahlen müssen. Viele Arbeitgeber beteiligen sich an den Fahrtkosten zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. Dies ist nicht nur häufig tariflich festgelegt, sondern ist auch für den Arbeitgeber unabhängig vom Verkehrsmittel mit einer Kilometerpauschale steuerfrei.
  • Steuersatz/Steuersystem: Vom Lohn in den Niederlanden geht die Loonheffing ab. In den Niederlanden gibt es vier Steuerklassen, die je nach Höhe des Jahreseinkommens zu unterschiedlichen prozentualen Abgaben führen.
    • 1. Bis 20.384 Euro: 36,65 %
    • 2. Ab 20.384 bis 34.300 Euro: 38,10 %
    • 3. Ab 34.300 bis 68.507 Euro: 38,10 %
    • 4. Mehr als 68.507 Euro: 51,75 %
    Dieser Satz beinhaltet neben der Lohnsteuer auch Sozialversicherungsbeiträge, die aus der gesetzlichen Altersrenten- und Hinterbliebenenrente (AOW und ANW) sowie aus der WLZ-Prämie (Gesetz zur Langzeitpflege) bestehen.
  • Steuerliche Sonderkonditionen – die 30-Prozent-Regelung: Arbeitnehmer, die aus dem Ausland rekrutiert oder von ihrem Arbeitgeber gesandt wurden, die über ein in den Niederlanden seltenes oder gar nicht vorhandenes spezifisches Fachwissen verfügen, können von der sogenannten 30-Prozent-Regelung profitieren. Dem Arbeitnehmer werden hier 30 Prozent seines Einkommens steuerfrei ausgezahlt. Diese Steuererleichterung soll die zusätzlichen Kosten, die das temporäre Leben des Arbeitnehmers im Ausland verursachen könnte, ausgleichen. Diese zusätzlichen Kosten können entweder exakt bis zu ihrer tatsächlichen Höhe oder aber über die 30-Prozent-Erlaubnis als fester Freibetrag von 30 Prozent des normalen lohnsteuerpflichtigen Betrags ohne Nachweise der anfallenden Kosten erstattet werden.

    Seit dem 1. Januar 2019 kann diese Regelung maximal 5 Jahre in Anspruch genommen werden. Außerdem muss diese Steuererleichterung innerhalb der ersten vier Monate nach Beschäftigungsbeginn im niederländischen Steuerbüro beantragt werden. Dabei muss es sich um eine gemeinsame bzw. gegenseitige Anfrage von Arbeitnehmer und Arbeitgeber handeln. Übrigens: Spezifisches Fachwissen gilt als vorhanden, wenn das Jahresgehalt des Arbeitsnehmers 37.743 Euro übersteigt. Mit einem Masterabschluss und unter 30 Jahren beträgt die Grenze jedoch nur 28.690 Euro. Der Arbeitnehmer muss zudem vorweisen können, dass er für länger als zwei Drittel der letzten 24 Monate weiter als 150 Kilometer von der niederländischen Landesgrenze entfernt gewohnt hat.
  • Krankenkasse & Co.: Das Sozialversicherungssystem der Niederlande gliedert sich in zwei Kategorien: Volksversicherung und Arbeitnehmerversicherung. Unabhängig von Einkommen oder Staatsangehörigkeit ist jeder Ansässige in der Volksversicherung pflichtversichert. Die Volksversicherung umfasst die bereits erwähnten Renten- und Hinterbliebenenrentenversicherung (AOW und ANW), die gesetzliche Versicherung zur Langzeitpflege (Wlz), welche durch die Beiträge der Arbeitnehmer finanziert werden, und das Kindergeld (AKW), das allerdings aus Steuermitteln bezahlt wird. Zu den Arbeitnehmerversicherungen zählen die Arbeitslosen- (WW), Arbeitsunfähigkeits- (WAO/WIA) und die Krankenversicherung (ZVW).

    Wie in Deutschland herrscht auch in den Niederlanden eine Versicherungspflicht, wenn es um die Krankenversicherung geht. Innerhalb der ersten vier Monate des Aufenthalts muss eine Krankenversicherung abgeschlossen werden. Der Krankenversicherungsbeitrag in den Niederlanden besteht aus zwei Komponenten. Die erste ist die obligatorische Grundabsicherung, die einkommensunabhängig ist, vom Versicherten selbst gezahlt wird und nicht automatisch vom Bruttolohn abgezogen wird. Bei der zweiten Komponente handelt es sich um einen vom Arbeitgeber gezahlten und nach Einkommen gestaffelten Betrag, der 6,9 Prozent des Einkommens beträgt und bei 56.614 Euro jährlich gedeckelt ist. Zusatzleistungen können selbst gewählt werden und bei privaten Versicherern eingekauft werden.
  • Rente: Eine Altersrente wird nach dem Allgemeinen Altersversicherungsgesetz (AOW), wie in Deutschland, bei Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gezahlt. Das Renteneintrittsalter wird ähnlich wie in Deutschland derzeit angehoben. Alle Geburtenjahrgänge ab März 1957 gehen mit 67 Jahren in Rente. Bis zum Geburtsjahrgang 1953, der noch mit 64 Jahren und 4 Monaten in Rente gegangen ist, staffelt sich das Renteneintrittsalter. In Deutschland gehen alle Geburtenjahrgänge ab 1964 mit 67 Jahren in Rente.

    Jede Person, die in den Niederlanden arbeitet und wohnt ist unabhängig von ihrer Nationalität automatisch rentenversichert. Zwei Prozent der AOW-Leistung werden mit jedem Jahr, das man versichert ist, aufgebaut. Wer 50 Jahre vor dem AOW-Renteneintrittsalter durchgehend versichert war, erhält die volle AOW-Leistung. Die Leistungen können bei unterbrochenen Zahlungen, wenn zum Beispiel eine Weile im Ausland gelebt und gearbeitet wurde, kleiner ausfallen. Menschen die am 1. Januar 1950 oder davor geboren wurden und weniger als ein Jahr versichert waren, können keine Leistung bekommen. Bei vollen Beträgen bekommt eine alleinstehende Person mit Abgabenermäßigung 1.158,22 Euro netto ausgezahlt. Ohne Abgabenermäßigung sind es 928,72 Euro. Personen in einer Partnerschaft erhalten mit Abgabenermäßigung jeweils 795,69 Euro und ohne Abgabenermäßigung je 637,94 Euro. Die AOW umfasst ebenfalls Urlaubsgeld. Alleinstehende haben einen Urlaubsgeldanspruch von monatlich 69,97 Euro brutto, verheiratete oder mit einem Partner fest zusammenlebende von jeweils 49,98 Euro brutto. Das Urlaubsgeld zahlt die Rentenversicherung im Mai aus.
  • Babypause/Elternzeit: Ein gesetzliches Anrecht auf Elternzeit besteht in den Niederlanden nicht. Ab sechs Wochen vor dem mutmaßlichen Entbindungstag besteht allerdings ein Anspruch auf Schwangerschafts- bzw. Mutterschaftsurlaub für Arbeitnehmerinnen. Die Mindestdauer beträgt hier 16 Wochen (auch im Falle von Mehrlingsgeburten). Ab der sechsten Woche kann seit 2015 der Mutterschaftsurlaub auch in Teilen über einen Zeitraum von maximal 30 Wochen in Absprache und Abstimmung mit dem Arbeitgeber genommen werden. Die Gesamtdauer, die Zuwendung und die Art der Auszahlung ändern sich nicht. Bis zu drei Wochen nach Beginn des Mutterschaftsurlaubs kann diese Aufteilung beim Arbeitgeber beantragt werden. Ablehnen darf der Arbeitgeber diesen Antrag nur, wenn der Betrieb dadurch in ernsthafte Probleme geraten könnte. Ab der vierten Woche vor dem mutmaßlichen Entbindungstag besteht ein Arbeitsverbot. Der Anspruch auf Mutterschaftsurlaub nach dem tatsächlichen Entbindungstag beläuft sich auf mindestens zehn Wochen. Frühestens 42 Tage nach der tatsächlichen Entbindung darf die Arbeit wieder aufgenommen werden.

    Wer nach der Entbindung zeitlich etwas weniger arbeiten möchte, kann dies in Form von unbezahltem Erziehungsurlaub tun – egal ob als Mutter oder Vater. Während des Erziehungsurlaubs bleibt der geschlossene Arbeitsvertrag bestehen, das Arbeitsverhältnis muss allerdings schon seit mindestens einem Jahr laufen. Der Erziehungsurlaub ist unabhängig von der wöchentlichen Arbeitsstundenzahl. Es besteht ein Anspruch auf das 26-fache der wöchentlichen Arbeitsstunden. Für jedes Kind unter acht Jahren kann einmal Erziehungsurlaub genommen werden. Der Urlaub muss am Stück und ohne Unterbrechungen genommen werden, es sei denn es existiert ein Tarifvertrag, der abweichende Bestimmungen vorsieht. Die Tage an denen nicht oder weniger gearbeitet wird, können vom Arbeitnehmer selbst bestimmt werden, es sei denn der Arbeitgeber kann wichtige Gründe nennen, die dagegen sprechen.
  • Zahlweise Gehalt: Löhne oder Gehälter werden in der Regel monatlich aufs Bankkonto überwiesen, können aber auch in bar ausgezahlt werden – der Mindestlohn muss jedoch per Überweisung gezahlt werden. Rechtlich besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber die Arbeit teilweise auch anders vergütet. Der Arbeitgeber darf Konsumgüter (mit Ausnahme von schädlichen Drogen und alkoholischen Getränken), Dienstleistungen und Leistungen wie Ausbildung, Unterkunft und Verpflegung, Gebrauch von Wohnraum einschließlich Licht und Heizung, Aktien, Forderungsrechte, Gutscheine und andere Waren mit Wert als Bezahlung nutzen. Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber solche Waren und Dienstleistungen für die Bezahlung der geleisteten Arbeit nicht mit einem Wert veranschlagen darf, der höher ist als ihr üblicher Marktwert.
  • Wochenarbeitszeit: Je nach Branche beträgt die übliche Wochenarbeitszeit zwischen 36 und 40 Stunden. Im Gegensatz zu Deutschland besteht in den Niederlanden ein Rechtsanspruch auf Homeoffice. Teilzeitarbeit ist weit verbreitet – die Niederländer sind sogar Teilzeit-Europameister. Da meist Frauen in Teilzeit arbeiten, sind die Niederlande das EU-Land, in denen Frauen am wenigsten arbeiten.
  • Urlaubsanspruch im Jahr: Urlaub wird in den Niederlanden in Stunden angegeben. Jedes Jahr erhalten Arbeitnehmer viermal die Anzahl an Stunden frei, die sie pro Woche arbeiten – bei einer 40-Stunden-Woche also 160 Stunden. Zusätzlich zahlt der Arbeitgeber ein Urlaubsgeld in Höhe von mindestens acht Prozent der letzten zwölf Monatslöhne. Wenn die Vergütung einen bestimmten Betrag überschreitet, kann dieser gesetzliche Urlaubsgeldanspruch mithilfe einer schriftlichen Vereinbarung ausgeschlossen werden. Das Urlaubsgeld wird zumeist im Mai gezahlt. In den Niederlanden gibt es elf gesetzliche nationale Feiertage: Neujahr, Karfreitag, Ostersonntag, Ostermontag, Koningsdag, Tag der Befreiung, Christi Himmelfahrt, Pfingstsonntag, Pfingstmontag sowie der erste und zweite Weihnachtstag.
  • Arbeitszeiten und Kündigungsfristen: Laut Gesetz darf ein Arbeitnehmer in den Niederlanden maximal 9 Stunden pro Tag und maximal 45 Stunden die Woche arbeiten. In der Regel existiert eine Fünftagewoche, allerdings kommt zuweilen auch eine Viertagewoche vor. Zu Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses sind auf ein bis zwei Jahre befristete Arbeitsverträge üblich. Die Probezeit hängt von der Länge der Vertragsdauer ab und beträgt bei befristeten Verträgen von unter zwei Jahren maximal einen Monat und bei anderen Verträgen maximal zwei Monate. Aus der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses ergibt sich die Kündigungsfrist. Sind es weniger als fünf Jahre, beträgt die Kündigungsfrist lediglich einen Monat. Sind es 5 bis 10 Jahre sind es schon zwei Monate. Bei einer Beschäftigungsdauer von 10 bis 15 Jahren sind es drei Monate und bei über 15 Jahren sind es vier Monate.

Die Niederlande im Ländervergleich

Wie die Kennzahlen zum Arbeiten in den Niederlanden schon zeigen, gibt es zwar einige Unterschiede, im Grunde sind sich Deutschland und die Niederlande aber in vielen Aspekten des Arbeitslebens sehr ähnlich. Auch in anderen Bereichen zeigen sich Ähnlichkeiten: Die Lebenshaltungskosten sind grundsätzlich mit denen in Deutschland vergleichbar, ebenso Lebensqualität und Sicherheit. Ähnlich wie die Deutschen schätzen auch die Niederländer Pünktlichkeit. Auch wenn die meisten Niederländer gut Englisch und teilweise sogar Deutsch sprechen, empfiehlt es sich bei einem längeren Aufenthalt, Niederländisch zu lernen. Dies ist nicht nur im Alltag hilfreich, es wird auch als sehr positiv wahrgenommen. Wie die Trends am Arbeitsmarkt und die aktuelle Wirtschaftslage aussehen sowie welche Berufe und Branchen besonders gefragt sind, betrachten wir im Folgenden.

Arbeitsmarkttrends und Wirtschaftslage in den Niederlanden

Die letzten zwei Jahre waren aus wirtschaftlicher Sicht für die Niederlande sehr erfolgreich. 2017 und 2018 stieg das Bruttoinlandsprodukt deutlich an. Die Wirtschaft soll sich in den nächsten Jahren zwar etwas langsamer entwickeln, doch immer noch erfolgreicher als es für die Nachbarn Belgien und Deutschland vorausgesagt wird. Die Beschäftigung ist 2018 stark angewachsen und die Arbeitslosenquote ist mit 3,2 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit langem. In den kommenden Jahren wird aufgrund des Fachkräftemangels mit steigenden Löhnen gerechnet. Ähnlich wie in Deutschland liegt die Nachfrage nach Immobilien weit über dem Angebot, was die Preise deutlich stärker ansteigen lässt als die Einkommen.

Der mit Abstand wichtigste Handelspartner für die Niederlande ist Deutschland. Mit einem Anteil von 14,9 Prozent ist die Bundesrepublik das bedeutendste Lieferland und mit einem Anteil von 24 Prozent auch das wichtigste Abnehmerland. Die Niederlande sind aufgrund des Seehafens Rotterdam und seiner zentralen Lage ein Transitland, das viele Importe re-exportiert. Damit sind unsere Nachbarn sehr von den Ausfuhren an abnehmende Länder, in erster Linie Deutschland, abhängig.

Das starke Wirtschaftswachstum der letzten Jahre hat für eine angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt der Niederlande gesorgt. Das bedeutet, dass es in fast allen Regionen relativ viele freie Arbeitsplätze im Verhältnis zu Arbeitssuchenden gibt. Und die Zahl der freien Arbeitsplätze steigt weiter. Im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Einzelhandel werden 2019 die meisten freien Stellen erwartet. Arbeitgeber gaben in einer Umfrage an, dass sie die Hälfte der unbesetzten Stellen nur schwer werden besetzen können.

255 000 freie Stellen wurden Ende des letzten Jahres gezählt. Dabei hatte sich die Anzahl der offenen Stellen, insbesondere bei Berufen der grundlegenden und unteren Ebene, erhöht. Dazu gehörten:

  • Reinigungskräfte
  • Prozessbediener/-innen
  • Fahrer/-innen
  • Be- und Entlader/-innen
  • Produktionsmitarbeiter/-innen
  • Regalfüller/-innen

Mehr als 25 Prozent der offenen Stellen Ende 2018 fielen in den technischen Bereich. Es fehlte an Mechanikern, Elektrikern, Bauarbeitern sowie an Hilfskräften in Industrie und Bau. Auch in den administrativen und betriebswirtschaftlichen Bereichen gab es zum Beispiel bei Telefonisten und Rezeptionisten viele unbesetzte Stellen.

Gefragte und zukunftsträchtige Branchen und Berufe

Die Niederlande sind nicht nur für junge Menschen, die im Zuge eines Gap-Years oder eines Studiums unsere Nachbarn als Ziel ihres Auslandsaufenthalts auswählen, interessant, sondern auch für diejenigen, die bereits ein paar Jahre Berufserfahrung vorweisen können. Wer auf der Suche nach einem festen Arbeitsplatz ist und entsprechende Qualifikationen und Erfahrungen sowie im besten Fall Niederländischkenntnisse vorweisen kann, kann in diversen Branchen und Bereichen Arbeit finden. Dazu gehören derzeit:

  • Bauwirtschaft (Wohnungsmarkt, Infrastrukturbau, Gewerbebau)
  • Chemieindustrie
  • Elektroindustrie
  • Energiewirtschaft (Energieversorgung: Elektrizität, Erdgas, Erdöl, Kohle, Kernenergie, erneuerbare Energien)
  • Gesundheitswirtschaft (Medizintechnik, Forschung und Entwicklung, Pflege)
  • Kfz- und Kfz-Teile-Produktion
  • Maschinenbauindustrie
  • Nahrungsmittelindustrie
  • Umwelttechnik (Wasser, Luft, Abfall)

Arbeitskultur und Kommunikation in den Niederlanden

Die Niederländer als direkte Nachbarn und Geschäftspartner seit Jahrhunderten dürften den Deutschen in Sachen Arbeitswelt und -kultur gar nicht so unähnlich sein – zumindest ist das der Gedanke von vielen Deutschen. Tatsächlich unterscheiden sich die deutsche und niederländische Arbeitskultur in einigen zentralen Aspekten doch sehr.

Während in Deutschland besonders in Unternehmen mit älteren Strukturen und unter traditionellem Führungsstil das „Sie“ noch immer die im Zweifelsfall richtige Ansprache an Kollegen und Vorgesetze ist, wird es in niederländischen Unternehmen nicht nur im Start-Up schneller informell und der Übergang vom Sie (Niederländisch u) zum Du (Niederländisch je) ist fließend und locker. Diese Lockerheit in der Ansprache und Kommunikation kann einer der Gründe dafür sein, dass die Hierarchien in niederländischen Unternehmen gerade für Deutsche schwierig zu durchschauen sind. Während sie in Deutschland feststehende und deutlich abgegrenzte Hierarchiestufen gewöhnt sind, in denen Top-down-Entscheidungen selbstverständlich angenommen und befolgt werden, müssen Deutsche in den Niederlanden mit anderem umgehen lernen. Hier finden sich anstelle von Top-down-Entscheidungen eine Vielzahl an Gesprächen auf allen Ebenen, sowohl vertikal als auch horizontal, bis eine Entscheidung gefunden wurde, mit der alle einverstanden sind.

Sind Deutsche es gewohnt, dass Regeln und Vorschriften ungefragt eingehalten werden, handhaben Niederländer das Ganze etwas pragmatischer. Hier besteht für sie Raum zur Interpretation und Regeln und Vorschriften können auch schon mal außer Acht gelassen werden, wenn es sinnvoll erscheint. Ähnliches gilt für getroffene Vereinbarungen. Sind sie in Deutschland einmal getroffen, rührt so schnell nichts mehr daran. In den Niederlanden können getroffene Vereinbarungen auch schon mal mit fortschreitenden Erkenntnissen angepasst werden. Sie sind generell eher als temporäre Empfehlung zu verstehen. Dieser Pragmatismus zieht sich durch die niederländische Arbeitskultur wie ein roter Faden und lässt unsere Nachbarn häufig besser mit Unvorhergesehenem umgehen als uns Deutsche, die an planmäßiges Vorgehen gewöhnt sind und ein großes Bedürfnis nach Vorhersehbarkeit und damit nach klaren geschriebenen und ungeschriebenen Regeln haben. Möchte man es herunterbrechen und in Stereotypen betrachten, ließen sich die Niederländer als Handelsnation bezeichnen, die es gewohnt sind, sich schnell und flexibel an äußere und sich verändernde Umstände anzupassen, während die Deutschen Präzision, Korrektheit und eine möglichst konkrete Vorausplanung kennen und darauf vertrauen. Gehören Humor und Satire in der geschäftlichen Kommunikation der Niederländer dazu, verstehen Deutsche häufig wenig Spaß, wenn es um geschäftliche Themen geht.

Sowohl inner- als auch außerbetrieblich läuft viel in der niederländischen Geschäftswelt über Netzwerke. Gehen deutsche Geschäftsleute nur zu einer Konferenz, wenn ihnen das Thema interessant scheint, besuchen Niederländerinnen und Niederländer Konferenzen und Kongresse in erster Linie der Kontakte wegen. Damit haben die vielen Businessclubs eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, wenn es um die Pflege und den Ausbau von Kontakten in der niederländischen Geschäftswelt geht.

Selbst wer der niederländischen Sprache mächtig ist, sollte sich nicht von den vielen Verkleinerungs- und Verniedlichungsformen in die Irre führen lassen. Die niederländische Kultur, bescheiden aufzutreten, kommt hier sprachlich zum Ausdruck. Ein Bötchen kann sich schnell als Zwölf-Meter-Yacht entpuppen und so werden Menschen, die sehr von sich überzeugt sind und selbstbewusst auftreten, schnell als großspurig wahrgenommen. Ist es in Deutschland normal, die eigenen Fähig- und Fertigkeiten direkt zu betonen, wirkt dies in den Niederlanden schnell arrogant. Ähnliches gilt für die Verwendung komplizierter Ausdrücke und von Fachsprache, um seine Kompetenz zu untermalen. Die kulturell verinnerlichte Zurückhaltung und Untertreibung wird ebenfalls in der unternehmensinternen Kommunikation gelebt. So werden Anweisungen nicht direkt und im Befehlston ausgesprochen, sondern eher als höfliche Frage formuliert. Diese freundlichen Fragen sind allerdings als genauso dringend zu verstehen und anzugehen wie es der gewohnt deutsche Befehlston verlangt. Ähnlich verhält es sich mit Unmutsbekundungen: Mag ein Daar word ik echt niet vrolijk van – was wörtlich übersetzt „Das macht mich nicht fröhlich“ bedeutet – noch so harmlos klingen, so ist der Chef in diesem Moment tatsächlich äußert unzufrieden.

Besonders wenn es darum geht, Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen, funktioniert die Kommunikation bei Niederländern und Deutschen auf verschiedenen Ebenen. Erreicht man die Deutschen im Normalfall über eine klare und logische Argumentationsstruktur, die das allgemein hohe Sicherheitsbedürfnis mit Qualität, Fakten, Sachlichkeit und handwerklichem Können anspricht, empfinden Niederländer in der Regel zu viele technische Details nur als störend. Ihr Ohr horcht auf der emotionalen Ebene, auf der zwar Professionalität Gehör findet, die Meinung von Experten und Fachleuten allerdings nicht gegen ein vermitteltes Gefühl bestehen kann. Eine richtig geschaffene Atmosphäre ist hier mehr wert als jedes Expertensiegel.

Gehälter und Löhne in den Niederlanden

Der Mindestlohn in den Niederlanden ist ans Alter gekoppelt. Ab einem Alter von 22 Jahren gilt ein Mindestlohn von 1.615,80 Euro brutto im Monat. Das sind 19.389,60 Euro brutto im Jahr. In vielen Branchen gelten allerdings allgemeinverbindliche Tarifverträge, die weitergehende Ansprüche wie z. B. Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit sowie für Überstunden vorsehen und die andere, oft höhere, Mindestlöhne beinhalten. Wie in Deutschland hängt die Höhe der Gehälter und Löhne von vielen verschiedenen Einflussfaktoren ab wie etwa Region, Qualifikation, Größe des Unternehmens usw. Die nachfolgenden Werte sind Durchschnittswerte und zeigen durchschnittliche Bruttojahreslöhne aus verschiedenen Branchen der Niederlande.

  • Bauwirtschaft: 47.400 €
  • Chemische Industrie: 55.029 €
  • Elektrotechnik/Elektronik: 51.409 €
  • Gastronomie (viel Teilzeitarbeit): 8.783 €
  • Handel: 20.577 €
  • Holzindustrie: 24.457 €
  • Hotel (viel Teilzeitarbeit): 13.708 €
  • Information und Kommunikation: 34.826 €
  • Kunststoffindustrie: 56.636 €
  • Maschinenbau: 43.323 €
  • Nahrungsmittel-/Getränkeindustrie: 29.665 €
  • Papierindustrie: 42.320 €
  • Transport: 34.861 €

Durchschnittliche Bruttojahreslöhne ausgewählter Berufe

Fazit

Am Ende unseres Ländervergleichs zeigt sich: Trotz Unterschieden in der Arbeitskultur sind sich Holländer und Deutsche in vielen Punkten doch sehr ähnlich und haben schon seit Jahrhunderten direkte Berührungspunkte. Wirtschaftlich und sicherheitstechnisch sind beide Nationen derzeit gut aufgestellt und als Nachbarn und nordeuropäische Handels- und Exportnationen ist nicht nur der Handel miteinander, sondern auch auf EU-Ebene sowie darüber hinaus von zentraler Bedeutung für beide. Hinzukommt, dass besonders in der Grenzregion das Arbeiten in dem einen und das Leben in dem anderen Land auf beiden Seiten seit Jahrzehnten bekannt und erprobt ist und durch attraktive Angebote wie die 30-Prozent-Regelung vereinfacht wird.

Ähnliche Systeme im Hinblick auf Lohnabgaben, Renten und Babypausen sorgen für ein leichtes Verständnis. Mit die größten Herausforderungen sind die kleinen aber feinen Unterschiede, wenn es um die Arbeitskultur und -kommunikation geht – denn die werden bei all den Ähnlichkeiten und dem Vertrauten schnell unterschätzt oder vergessen. Löhne und Lebenshaltungskosten gleichen denen in Deutschland nahezu, sodass ein Umzug in die Niederlande finanziell besonders dann Vorteile bringt, wenn man als rare Fachkraft temporär die 30-Prozent-Regelung für sich in Anspruch nehmen kann.

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Quellen:

Auslandslust.de
Auswandern-info.de
Deutsch-Niederländische Handelskammer (DNHK)
EUREGIO (Arbeiten in den Niederlanden. Kulturunterschiede im Nachbarland)
EURES (Das Europäische Portal Zur Beruflichen Mobilität)
gemiddeld-inkomen.nl
grenzpendler-info.de
Grenzinfo.eu
GTAI (Germany Trade & Invest)
meetthegermans.info
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