Was verdient man bei Hermes? Gehalt und Arbeit beim Paketdienstleister
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Aufgrund der Corona-Krise rücken systemrelevante Berufe, insbesondere Ärzte und Pflegepersonal aber auch Lehrerinnen oder Paketboten, wieder in den Fokus der Gesellschaft. Viele dieser Boten arbeiten beim internationalen Handels- und Logistikdienstleister Hermes, nicht zu verwechseln mit der Luxusmarke Hermès, der vor 48 Jahren als Tochtergesellschaft der Otto Group gegründet wurde und seitdem in vielen Ländern erfolgreich am Markt ist. Der Paketdienstleister mit Sitz in Hamburg operiert unter der Dachgesellschaft Hermes Europe und umfasst aktuell elf Unternehmen, unter anderem Hermes Germany und die Hermes Einrichtungsservice GmbH. Der Fokus liegt jedoch weiterhin klar auf dem Paketservice.
Mit 15.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit, über 300 Millionen Paketzustellungen pro Jahr und einem Jahresumsatz von 3,2 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2018/2019 ist Hermes ein großes Unternehmen und wichtiger Arbeitgeber, der von Jahr zu Jahr seine Gewinne erhöht und Marktanteile ausbauen kann. Täglich sind die Paketboten mit den weißen Lieferwagen unterwegs, um unsere Bestellungen auszuliefern und viele werden sich fragen: Wie viel verdient man eigentlich bei Hermes? Der folgende Artikel behandelt unter anderem diese Frage, beschäftigt sich aber auch mit den Jobs und Ausbildungsmöglichkeiten bei Hermes sowie mit den, häufig auch in den Medien thematisierten, Arbeitsbedingungen.
Ottos Tochter – über das Unternehmen Hermes
Das Unternehmen wurde im Jahr 1972 als privater Paketdienstleister der Otto Gruppe gegründet, um mithilfe eines postunabhängigen Verteilsystems den Kunden des Otto Versandes einen besseren Lieferservice zu bieten. Zu diesem Zeitpunkt hält der Mitbegründer, die Werner Velbinger Organisation, 30 Prozent der Firmenanteile, mittlerweile ist Hermes jedoch eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Otto Gruppe. Unter dem Namen Hermes Versandservice betreibt der Dienstleister bereits zum Ende des Gründungsjahres 20 Niederlassungen in Deutschland. In den folgenden Jahren wächst das Unternehmen stetig und erweitert sein Leistungsprofil auf ganz Deutschland. Ab 1982 gewinnt Hermes auch Auftraggeber außerhalb des Otto-Konzerns hinzu, was eine steigende Versandmenge und einen damit verbundenen höheren Umsatz zur Folge hat.
1997, zum 25-jährigen Firmenjubiläum, folgt ein Vertragsabschluss mit der Deutschen Bahn AG über eine Haus-zu-Haus-Belieferung von Reisegepäck. Durch die zusätzliche Einführung des Hermes Privat Service ist es dem Unternehmen nun erstmals möglich, auch Privatkunden anzusprechen. Im Jahr 2004 folgt die Umfirmierung in Hermes Logistik GmbH & Co. KG. Im Jahr 2009 wird schließlich die Dachgesellschaft Hermes Europe gegründet, welche elf Unternehmen, beispielsweise Hermes Germany oder Hermes Fulfilment, umfasst. Diese bieten ein vielfältiges Leistungsspektrum, das unter anderem Transport, Paketservice, Sourcing und Zwei-Mann-Handling beinhaltet.
Schon immer legt Hermes viel Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz und so wurden in den letzten Jahren weitreichende Investitionsprogramme genehmigt, um den Paketdienstleister grüner zu gestalten. Unter anderem gehört hierzu eine Partnerschaft mit Mercedes Benz, um bis einschließlich 2020 die Fahrzeugflotte zu modernisieren und zu elektrifizieren. So möchte Hermes Germany beispielsweise bis Ende 2020 in Ballungsräumen 1.500 Elektrofahrzeuge einsetzen.
Berufsausbildung bei Hermes
Nach einem Hauptschulabschluss, der mittleren Reife oder dem Abitur bietet Hermes viele Ausbildungsmöglichkeiten in den verschiedensten Bereichen an. Von Informatik über Mechatronik bis hin zum Marketing ist für jeden Schulabschluss und fast jedes Interesse eine passende Ausbildung dabei. Dazu gehören unter anderem die folgenden Ausbildungsberufe:
- Fachkraft für Lagerlogistik
- Mechatroniker/-in
- Fachinformatiker/-in für Anwendungsentwicklung bzw. Systemintegration
- Informatikkaufmann/-frau
- Servicefahrer/-in
- Berufskraftfahrer/-in
- Kaufmann/-frau für E-Commerce
- Kaufmann/-frau für Dialogmarketing
- Kaufmann/-frau für Büromanagement
- Kaufmann/-frau für Marketingkommunikation
- Kaufmann/-frau für Spedition und Logistikdienstleistung
- Kauffmann/-frau für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen
Die Vergütung der Auszubildenden kann je nach Ausbildungsberuf und Standort variieren. Allgemein zahlt die Hermes Gruppe aber nach Tarif. Im Schnitt kommen die Azubis im ersten Lehrjahr auf 850 bis 900 Euro brutto, im zweiten Jahr auf 900 bis 1.000 Euro brutto und schließlich im dritten Lehrjahr auf bis zu 1.150 Euro brutto. Auszubildenden bei Hermes stehen zwischen 25 und 30 bezahlte Urlaubstage pro Jahr zu. Die Übernahmequote nach einem erfolgreichen Abschluss ist eine der höchsten: Momentan liegt sie bei ca. 95 Prozent.
Duales Studium bei Hermes
Obwohl das Angebot nicht so vielfältig ist wie im Bereich der Ausbildungsberufe, steht Schulabgängern mit Hochschulzugangsberechtigung ein duales Studium in verschiedenen Bereichen bei Hermes offen. Insgesamt werden drei verschiedene Studiengänge angeboten, die alle mit dem Bachelor of Science abgeschlossen und oft bilingual absolviert werden:
- Business Administration
- Logistics Management
- Business Informatics
Da Hermes ein stetig wachsender internationaler Logistikdienstleister ist, werden Auslandsaufenthalte während des dualen Studiums nicht nur empfohlen, sie sind meist gar fester Bestandteil dieser Ausbildung. Während des Studiums bei Hermes wechseln sich Praxisphasen im Unternehmen und Studienphasen an einer Partnerhochschule ab. Die Studierenden erhalten bereits während des Studiums eine geregelte Vergütung, die während beider Phasen kontinuierlich vom Unternehmen gezahlt wird. Auch hier besteht ein Anspruch auf 25 bis 30 bezahlte Urlaubstage. Der Stundenlohn richtet sich hier nach der Vergütung eines Werkstudenten und liegt dementsprechend bei 12 bis 15 Euro pro Stunde. Zusätzlich übernimmt Hermes jegliche Studiengebühren der Studierenden und wirbt mit einer Weiterbeschäftigungsgarantie nach einem erfolgreichen Abschluss.
Angebote für Studierende und Absolventen
Hermes bietet ein vielseitiges und weitreichendes Praktikanten-Programm an. Dies richtet sich insbesondere an Studierende in der Abschlussphase ihres Bachelor- oder Masterstudiums und an solche, die ihren Abschluss bereits erlangt haben. Hermes bietet diese Praktika als eine erste Möglichkeit an, praktische Erfahrungen in der ‚echten Arbeitswelt‘ zu sammeln, garantiert jedoch danach keine Festanstellung. Dennoch werden die Praktikanten intensiv betreut und beraten, auch nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Die Vergütung kann je nach Abteilung, Standort, Abschluss und Dauer stark schwanken: Das Gehalt während eines Praktikums liegt in der Regel zwischen 570 und 1.516 Euro brutto.
Hermes bietet ebenfalls Traineeprogramme in verschiedenen Bereichen an. Die Programme richten sich hauptsächlich an interne Absolventen und Bewerber mit Hochschul- oder Universitätsabschluss. Ein Traineeprogramm bei Hermes dauert zwischen 12 und 18 Monate und kann beispielsweise in den Bereichen Management, Entwicklung und Business Development, IT oder Logistik absolviert werden. Im Rahmen der Traineeprogramme sieht Hermes auch hier, wie bei den dualen Studiengängen, einen Aufenthalt im Ausland vor. Die Vergütung für Trainees liegt bei ca. 41.000 Euro brutto pro Jahr und richtet sich nach dem Tarif.
Berufe und Gehälter bei Hermes
Hermes bietet vielfältige Karrierechancen in den verschiedensten Berufsfeldern und an unterschiedlichen Standorten. Obwohl das Unternehmen hauptsächlich für den Paketservice bekannt ist, bieten die verschiedenen Ableger des Unternehmens eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich nicht nur im Bereich Logistik beruflich zu verwirklichen. Von Internationalem Management über Marketing bis hin zu IT ist vieles möglich.
Die Verdienstmöglichkeiten sind genauso vielfältig wie das Jobangebot und hängen auch von Bereich und Standort ab. Allgemein liegen die Löhne und Gehälter bei Hermes für fast alle Mitarbeitergruppen bis zu 14 Prozent über den tariflichen Regelungen. So verdient ein direkt bei Hermes angestellter Paketzusteller mittlerweile bis zu 3.000 Euro brutto im Monat und kommt so auf ein Bruttojahresgehalt von ca. 36.000 Euro. Wie weitere Jahresbruttogehälter bei Hermes in etwa aussehen, zeigt der folgende Überblick:
Projektleitung und Führungskräfte
- Teamleiter/-in: 52.000 – 58.000 €
- Projektmanager/-in: 46.000 – 53.000 €
- Geschäftsführer/-in: 138.000 – 149.000 €
- Projektleiter/-in: 77.000 – 83.000 €
- Abteilungsleiter/-in: 57.000 – 61.000 €
IT und technische Berufe
- Data Scientist: 51.000 – 54.000 €
- Business-Analyst/-in: 65.000 – 70.000 €
- Softwareentwickler/-in: 42.000 – 46.000 €
Kaufmännische Berufe
- (Senior) Key-Account-Manager/-in: 49.000 – 127.000 €
- Controller/-in: 51.000 – 61.000 €
- Marketing-Manager/-in: 62.000 – 67.000 €
Beschäftigung bei Hermes – wie gut sind die Arbeitsbedingungen wirklich?
Die Beschäftigungsmöglichkeiten bei Hermes sind vielfältig. Unabhängig von Nationalität, Ausbildung oder Schulabschluss ist es theoretisch allen Bewerbern und Bewerberinnen möglich, eine passende Stelle zu finden. Hermes vertritt offiziell eine stark sozial orientierte Personalwirtschaft und Unternehmenskultur. So wird auf den Zusammenhalt der Mitarbeiter sowie ein gutes Arbeitsklima besonderen Wert gelegt. Auch die Gehälter bei Hermes sind durchaus attraktiv und liegen in vielen Bereichen über den tariflichen Vorgaben, oft bis zu 14 Prozent. Zum Grundgehalt kommen Zuschläge für Wochenendarbeit und Feiertagsarbeit sowie eine Vergütung der Überstunden. Da Hermes ein stetig wachsendes internationales Logistikunternehmen ist, legt der Konzern viel Wert auf gut qualifizierte und kompetente Mitarbeiter. Aus diesem Grund wird die Weiterentwicklung der Mitarbeiter gezielt durch Seminare und Workshops unterstützt. Durch die internationale Orientierung der Hermes Gruppe werden den Mitarbeitern ein stetiger Austausch sowie Auslandsaufenthalte ermöglicht.
Nichtsdestotrotz gerät Hermes immer wieder in die Kritik und macht mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Kritisiert werden hauptsächlich die Arbeitsbedingungen der Paketzusteller und Paketzustellerinnen. Großen Logistikunternehmen, so beispielsweise auch der Deutschen Post bzw. DHL, werden immer wieder eine zu hohe Arbeitsbelastung, Dumpinglöhne, gefälschte Fahrtenbücher und unbezahlte Überstunden vorgeworfen. Dies bezieht sich in diesem Fall weniger auf die Mitarbeiter, die direkt bei Hermes angestellt sind, da diese von festen Arbeitszeiten und tariflich festgelegten Stundensätzen profitieren, sondern auf die Arbeitsbedingungen bei den Servicepartnern des Logistikdienstleisters. Diese beschäftigen nach Firmenangaben zusätzlich etwa 11.000 Mitarbeiter, die ca. 96 Prozent der Zustellleistung bei Hermes erbringen. Die meisten Zusteller und Zustellerinnen sind nämlich nicht direkt beim Paketdienstleister, sondern bei sogenannten Subunternehmen angestellt. Nach ausführlichen Medienberichten im Jahr 2012 führte Hermes einen Verhaltenskodex ein, der sowohl für direkte Angestellte als auch für Subunternehmen gültig ist und von allen eingehalten werden muss. Unter anderem wird hier betont, dass keine Dumpinglöhne gezahlt werden dürfen, sondern die Vergütung „mindestens einer etwaigen gesetzlichen Entlohnung entspricht“ – damit ist wohl der Mindestlohn gemeint. Außerdem sollen Arbeitsstunden mit Stundenzetteln und stichprobenartigen Hand-Scanner-Überprüfungen dokumentiert werden. Dieser Kodex macht Hermes zum ersten Logistikunternehmen in Deutschland mit einem Audit- und Zertifizierungssystem, welches theoretisch auch durch die SGS-TÜV Saar GmbH kontrolliert und überprüft wird. Allerdings wurde die Genauigkeit und Effektivität der Überprüfungen in der Vergangenheit häufig angezweifelt.
Wenn Hermes also seine Subunternehmen zertifizieren und überprüfen lässt, wie kann es dann zu schlechten Arbeitsbedingungen und Unterbezahlung kommen? Ehemalige Servicepartner wie Gion Eppe sehen die Schuld bei Hermes, nicht bei sich selbst: Hermes trete die gesamte unternehmerische Verantwortung an die Subunternehmen ab. So verlange der Konzern die Auszahlung des Mindestlohns an alle Mitarbeiter, der Betrag pro Paket reiche dafür jedoch nicht aus. Aus diesem Grund könnten Subunternehmen teilweise nur vier Euro pro Stunde an ihre Paketzusteller zahlen und viele Unternehmen müssten sogar Insolvenz anmelden. Dennoch beteuert ein Zertifizierungsunternehmen, das Überprüfungen für die SGS-TÜV Saar GmbH durchführt: „Das Prüfkonzept und die damit verbundene Kontrolle durch uns als unabhängige Dritte bedeutet für Hermes eine nennenswerte Investition und belegt, wie ernst das Unternehmen seine soziale Verantwortung gegenüber seinen Zustellern nimmt.“
Zusammenfassend scheint Hermes trotz aller Kritik ein attraktiver Arbeitgeber zu sein – zumindest wenn man direkt bei der Blauen Flotte angestellt ist. Insbesondere für Menschen, die an einer internationalen Karriere interessiert sind, bietet das Unternehmen ein ideales Förderprogramm. Auch die Möglichkeiten und Angebote für Auszubildende und Studierende sind vielfältig und werden von der Unternehmensspitze unterstützt. Eine familiäre Unternehmenskultur sowie die Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitern sind Hermes schon immer ein besonderes Anliegen. So lernt das Unternehmen, vergangene Versäumnisse aufzuarbeiten und die entsprechenden Veränderungen in die Wege zu leiten.
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Quellen:
Glassdoor
Hermesworld.com
NDR
Newsroom.hermesworld
Paketda.de