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Serie „Work-Life-Balance“: Was das Konzept bedeutet

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Die Berufswelt wandelt sich. In Zeiten von Digitalisierung und sich verändernden Arbeitszeiten wird immer häufiger die Frage gestellt: Wie lassen sich Arbeit und private Bedürfnisse am besten miteinander vereinbaren? „Work-Life-Balance“ ist das große Schlagwort. Doch was heißt das eigentlich – Work-Life-Balance, die Balance zwischen „Arbeit“ und „Leben“? Wo kommt das Konzept her, wo liegen die Grenzen dieser Idee und gibt es Alternativen? In unserer Artikelserie wollen wir das große Thema von mehreren Seiten beleuchten.

Definitionen von Work-Life-Balance

In einigen Kreisen ist der Begriff Work-Life-Balance gang und gäbe, andere wiederum können mit dem Konzept wenig anfangen. So finden sich weder im Gabler Wirtschaftslexikon noch im Arbeitslexikon der IG Metall, Nachschlagewerke aus der „alten Arbeitswelt“, eigene Einträge zu dem Schlagwort. Nur am Rande, beispielsweise als kleine Notiz im Artikel zu „Arbeitszeitpolitik“, begegnet uns dort der Begriff.

Das Lexikon des Magazins Gründerszene allerdings weiß Bescheid:

Die Bezeichnung Work-Life-Balance steht für das ausgewogene Verhältnis zwischen Privatleben und Berufsleben eines Menschen. Dementsprechend sollte danach gestrebt werden, das Berufsleben und Privatleben in einen optimalen Einklang miteinander zu bekommen, als Ziel einer glücklichen Work-Life-Balance.

Auch der Duden hat einen eigenen Eintrag zum Thema:

ausgewogenes Verhältnis zwischen beruflichen Anforderungen und privaten Bedürfnissen einer Person (englisch work-life balance, aus: work = Arbeit, life = Leben und balance < (a)französisch balance, Balance)

Darüber hinaus widmet sich das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in einer Studie dem Komplex und definiert ihn wie folgt:

Work-Life-Balance bedeutet eine neue, intelligente Verzahnung von Arbeits- und Privatleben vor dem Hintergrund einer veränderten und sich dynamisch verändernden Arbeits- und Lebenswelt.

Ein Bild davon zu bekommen, was Work-Life-Balance auf der begrifflichen Ebene bedeutet, ist also nicht allzu schwer. Es geht um die Ausgewogenheit von den als Gegensätze wahrgenommenen Bereichen Arbeit einerseits und (Privat-)Leben andererseits. Das hört sich doch gar nicht so kompliziert an.

Nachgefragt und diskutiert wird das Thema hierzulande mit steigender Tendenz. Die Suchanfragen im Internet nehmen seit Jahren zu und auch der Eintrag im Duden stammt erst von 2017 – offensichtlich wird das Konzept in Deutschland tatsächlich als immer wichtiger wahrgenommen. Wie der Name vermuten lässt, stammt die Wortkonstruktion aus dem Englischen. Zuerst verwendet wurde der Begriff „work-life balance“ bereits in den späten 1970er Jahren in Großbritannien, ab Mitte der 1980er tauchte er in der US-amerikanischen Fachliteratur zum Thema Arbeit auf.

Das Konzept in der Praxis: Konflikte und Chancen

Es lässt sich kaum leugnen, dass die Arbeitswelt im neuen Jahrtausend grundsätzlich anders aussieht als noch vor 50 oder 100 Jahren. Ein ganz wichtiger Punkt hierbei: Heutzutage sind die meisten Menschen in der westlichen Welt im Dienstleistungssektor tätig – in Deutschland fast drei Viertel, 1991 waren es noch 60 Prozent. Außerdem gehen mittlerweile fast ähnlich viele Frauen wie Männer einer Erwerbsarbeit nach. Das Rollenbild wie in den 1950er Jahren mit werktätigem Vater, der nach Feierabend die Füße hochlegt, und der im Haushalt beschäftigten Mutter, die nahezu rund um die Uhr für die Familie tätig ist, hat also lange ausgedient.

Hinzu kommt, dass sich auch der Dienstleistungssektor verändert. Immer mehr Berufe sind zu einem gewissen Grad oder sogar vollständig digitalisiert, werden also am Computer und dabei nicht selten online ausgeübt. Das wiederum führt zu ganz neuen Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen: Stichworte Homeoffice, ortsunabhängiges Arbeiten, Erreichbarkeit, flexible Arbeitszeiten und schließlich „Work-Life-Blending“. Dazu aber später mehr.

Fundamentale Bedeutung hat jedenfalls die Tatsache, dass ein Industriemechaniker, der in einer Fabrik an Maschinen tätig ist, seine Arbeit höchstwahrscheinlich nicht mit nach Hause nehmen kann. Ein Social Media Manager hingegen hat durchaus nach Feierabend noch Zugriff auf seine Arbeitsmaterialien – mit allen Vor- und Nachteilen. Die klassische Stechuhr zur Zeiterfassung in dem einen Beruf und Vertrauensarbeitszeiten in dem anderen sind Zeuge dieses Unterschieds. In den modernen Digitalberufen gibt es weit mehr Möglichkeiten zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung, allerdings geht die Trennschärfe zwischen Arbeit und Freizeit mehr und mehr verloren.

Bedürfnisse verändern sich

Im Zuge des allgemeinen Wandels der Berufsrealitäten verändern sich auch die Ansprüche der Menschen in allen möglichen Wirtschaftszweigen. Seit der Industrialisierung, in der viele Arbeiter aufs Brutalste ausgebeutet wurden, setzen sich vor allem die Gewerkschaften für eine Reduzierung der Arbeitszeiten ein. Inzwischen ist die 35-Stunden-Woche in der Industrie die Regel, während Menschen mit Bürotätigkeiten meist 40 Stunden in der Woche arbeiten – zumindest offiziell, die tatsächliche Arbeitszeit ist aufgrund von Überstunden häufig höher.

Hier kommt die Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow zur Geltung. Dieses Konzept besagt, dass Menschen besonders hohe Prioritäten und entsprechend nachgelagerte Bedürfnisse haben:

  • Stufe 1 (physiologisch wie z. B. Durst und Hunger)
  • Stufe 2 (Sicherheit)
  • Stufe 3 (soziale Bedürfnisse)
  • Stufe 4 (Wertschätzung)
  • Stufe 5 (Selbstverwirklichung)

In Zeiten, wo zumindest in Deutschland die grundlegendsten Bedürfnisse der meisten Menschen gedeckt sind, rückt die Frage nach der Selbstverwirklichung weiter in den Vordergrund. Oder andersherum: Erst nach der Befriedigung der basalen Bedürfnisse kommen die untergeordneten überhaupt erst zum Vorschein. So oder so ist der gestiegene Wohlstand in der westlichen Welt ein Faktor, weshalb heutzutage die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben als so wichtig erachtet wird.

Man darf aber nicht ignorieren, dass das klassische Einverdiener-Modell im 21. Jahrhundert auch finanziell oft gar nicht mehr möglich ist. Bei einer Familie mit Kindern müssen häufig beide Elternteile arbeiten und Geld verdienen, um einen gewissen Lebensstandard zu behalten. Ein pures Luxusthema ist die Work-Life-Balance also gewiss nicht; gerade nicht vor dem Hintergrund sinkender Reallöhne, steigender Immobilienpreise und einem wachsenden Niedriglohnsektor.

Die Frage wird wichtiger – und anders

Als einer der Motoren, die die Diskussion um die Work-Life-Balance vorantreiben, gilt die sogenannte „Generation Y“, auch „Millennials“ genannt: meist gut ausgebildete Arbeitnehmer, die zwischen 1980 und 1995 geboren sind. Ihnen wird vieles nachgesagt, unter anderem, dass sie krisenerfahren und daher sicherheitsbedürftig seien und gleichzeitig Wert darauf legten, einen erfüllenden, sinnstiftenden Job ausüben zu können. Andererseits sollen sich die Millennials weniger als frühere Generationen über ihre Arbeit definieren und mehr Wert auf persönliche Entfaltung außerhalb des Berufslebens legen.

Widersprüche sind bei Aussagen über die Generation Y keine Seltenheit. Allerdings ist die Work-Life-Balance zweifellos ein wichtiges Thema in den Recruiting- und Bewerbungsprozessen von jungen Arbeitnehmern, wenn Firmen um Nachwuchstalente buhlen und gut ausgebildete Akademiker mutig genug sind, um Forderungen zu stellen. Die Frage nach der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben wird in den nächsten Jahren gewiss noch wichtiger. Aber sie wird vermutlich anders gestellt werden.

Im nächsten Teil der Serie widmen wir uns der Frage, welche Zukunft das Konzept hat und ob das Thema Work-Life-Balance vielleicht nur etwas für Bürojobs ist.

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Quellen:

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Bundeszentrale für politische Bildung
Destatis
Duden
Gabler Wirtschaftslexikon
Gründerszene
Statista