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Quereinstieg als Lehrer: glückliche Zukunft oder Fehlschritt?

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Lehrerin in der Klasse

Interessante Jobangebote und ordentliches Entgelt für Seiteneinsteiger

An vielen Schulen in Deutschland herrscht Lehrermangel. Freistunden sowie Unterrichtsausfall gibt es außer an Grundschulen in allen Schulsystemen. Quereinsteiger ohne Lehramtsstudium sollen und können den Mangel ausgleichen. Wer Talent hat, mit Kindern oder Jugendlichen umzugehen und sich von frechen Kommentaren und bösen Streichen nicht abschrecken lässt, ist als seiteneinsteigender Lehrer geeignet. Eine Affinität für ein Schulfach und die Gabe, verständlich zu erklären, sollten selbstverständlich vorhanden sein. Ebenso ist eine Hochschulzugangsberechtigung von Vorteil. Nicht ausreichend ist allein der Wunsch, etwas mit Kindern unternehmen zu wollen. Die Hospitation an einer Schule dürfte im Zweifelsfall vor dem Berufswechsel endgültige Klarheit bringen.

Ernsthaft interessierte Quereinsteiger erkundigen sich nach den jeweiligen Konditionen. Die Zulassungsbedingungen variieren erheblich in Abhängigkeit von der geltenden Bundeslandverordnung. Kritische Stimmen bemängeln, dass mittlerweile jeder Lehrer werden kann. Denn alle Bundesländer bieten Stellen für Seiteneinsteiger an. Einen vernünftigeren Weg zur Mangelbeseitigung gibt es derzeit nicht. Quereinsteiger sind in der Regel Interessenten mit Berufsausbildung und –erfahrung oder einem abgeschlossenen Hochschulstudium ohne Lehramtsprüfung. Viele Bewerber, die das Jobangebot zum Lehrer erhalten, brauchen in der Praxis nicht einmal ein sogenanntes Referendariat absolvieren. Sie können ihre Arbeit direkt im Klassenzimmer aufnehmen.

Lehrer – ein Job mit Zukunft

Das ordentliche Einstiegsgehalt ist ein Lockmittel für Quereinsteiger, sich auf offene Lehramtsstellen zu bewerben. Die Ausbildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen ist nach wie vor ein Beruf mit Zukunft. Der Lehrkräftebedarf ist durch Krankheitsfälle sowie Pensionierungen länderübergreifend vorhanden. Dabei konkurrieren Stadt und Land. In ländlichen Gebieten ist die Bevölkerung in Deutschland im Durchschnitt deutlich älter als in den Städten. Daher sind auf dem Land weniger Lehrer zu finden. Es fehlen insbesondere Nachwuchskräfte. Bewerber haben es in der Stadt, wo es ein größeres Angebot an Stellen gibt, folgerichtig nicht unbedingt einfacher, eine geeignete Anstellung zu finden. Wer das Glück hat, eine Stelle als Lehrer anzutreten, profitiert von einem zuverlässigen Arbeitsplatz, vielen Urlaubstagen und einem niedrigen Renteneintrittsalter.

Erfolgreicher Quereinstieg als Lehrer

Schon in Kindertagen startete Angela F. ihre Karriere als Leistungsschwimmerin. Im Gymnasium wählte sie Sport zum Leistungsfach und nahm anschließend zielstrebig ein Sportstudium auf. Ihr erklärter Berufswunsch lag im Bereich Sportmanagement. Nach dem Bachelorabschluss verbrachte Angela F. ein halbes Jahr bei einer Sportmarketingagentur in München. Darauf folgten weitere Monate bei einer Firma in Leipzig. Ernüchtert kehrte sie zurück und war ratlos. „Die Berufspraxis hat mir überhaupt nicht gefallen. In keiner der beiden Agenturen habe ich mich wohl gefühlt. Die Aufgaben waren mir eher zuwider. Nichts lief rund. Und Spaß gemacht hat es leider gar nicht.“
Sie liest im Internet beim Bildungsministerium ein Stellenangebot. „Die suchten einen Sportlehrer an meiner früheren Schule. Ich hab mich glattweg beworben.“ Die junge Frau hatte Glück. Sie stellte sich vor und bekam den Job. „Also, das war am Anfang total komisch, in mein altes Gymnasium zurück zu kommen und dann selbst vorne am Pult zu stehen. Ich unterrichte nämlich nicht nur Sport, sondern auch Deutsch. Zwei Wahlfächer mussten es auf jeden Fall sein. Inzwischen habe ich mich an den Tagesablauf, an die Didaktik und auch das Klima im Lehrerzimmer gewöhnt. Ich bin quasi über Umwege direkt zurück nach Hause gekommen.“

Angela F. ist inzwischen 29 und noch nicht am Ende ihrer Karriereträume: „Ich könnte mir gut vorstellen, ins Ausland zu gehen und dort einige Jahre an einer Schule Deutsch und Sport zu geben. Ein paar Ideen habe ich schon, aber es ist noch nicht konkret. Und da mein Vertrag nicht befristet ist, muss ich mir gottlob keine Sorgen machen. Zeitdruck habe ich nicht.“ Klar ist für Angela F. freilich, dass sie Lehrerin bleiben möchte, auch in einem fremden Land.

Eher zufällig ist auch Michael H. zu seinem Lehrerposten gekommen. Er studierte Maschinenbau und begann eine Dissertation im Ingenieurwesen. Seit Abschluss des Grundstudiums war er in einer Forschungsabteilung der Universität angestellt. „Ich habe an der Universität gutes Geld verdient und wir haben reizvolle Projekte bearbeitet. Nach vielen Jahren im Labor war ich dessen überdrüssig. Ich hatte schlicht und ergreifend von heute auf morgen keine Lust mehr“. Familie und Freunde raten ihm davon ab, den Job bei der Uni und die Arbeit am Doktortitel hinzuschmeißen.
„Es wurde nach einigen Monaten des Zögerns eher schlimmer statt besser. Ich war mich sicher, es musste etwas anderes für mich geben.So kam es, dass ich mich auf Anraten einer guten Bekannten bei der Gesamtschule im nächsten Ort bewarb. Sie suchten eine Lehrkraft für Mathematik und Physik. Ich bekam die Stelle wirklich. Mein Lebensunterhalt war also gesichert und ich freute mich auf neue Herausforderungen“. Die erweisen sich für Michael H. als schwierig. „Hätte ich vorher gewusst, was da in einer Schulklasse auf mich zukommt, hätte ich mich nicht getraut, die Stelle anzunehmen. Fast ein komplettes Jahr hat es gedauert, bis der Job sich für mich so gut anfühlte, wie er bei den studierten Lehrerkollegen aussah.“ Derweil ist Michael H. an der Schule so gut integriert,so dass er sich täglich auf die Arbeit freut.

Der Quereinstieg als Lehrer – ein totaler Flop

Mary T., 38, Fremdsprachekorrespondentin berichtet: „Von meinem Berufswechsel war ich gänzlich enttäuscht. Ich hatte schon große Erwartungen an den Lehrerjob, weil ich bei meinem vorherigen Arbeitgeber stressige Projektarbeit und abendfüllende Überstunden leid war. Aber der Lehreralltag war auch nicht für mich geeignet. Wer es morgens nicht überpünktlich durch den Berufsverkehr geschafft hatte, ergatterte keinen der wenigen reservierten Parkplätze auf dem Schulgelände. Langwieriges Kreiseln oder gebührenpflichtiges Parken waren dann die Alternativen. Täglich gab es Kleinkrieg mit aufsässigen Schülern, die lieber mit ihren Smartphones spielen wollten als Vokabeln zu büffeln. Im Unterricht knisterten sie mit Süßigkeiten und Chipstüten. Ich kam einfach nicht so zurecht, wie ich mir das ausgemalt hatte.“
Mary T. bewirbt sich erneut und findet eine Stelle in der Erwachsenenbildung. „Mit der aktuellen Situation bin ich sehr zufrieden. Und die Zeit an der Schule hat mich für meine jetzige Position gut qualifiziert, sie hatte also in letzter Konsequenz doch etwas Positives.“

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