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"Verruchte" Berufe: Das verdienen Tätowierer, Türsteher, Sexarbeiter

Tipps & Tricks zum Thema Gehalt, Karriere & Berufsleben
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Frau tätowiert den Arm einer Frau.

Tattoo- und Piercing-Studios, Sexarbeit, Türsteher – diese Aufzählung wirkt auf den ersten Blick unzusammenhängend, trotzdem haben diese Berufe eine große Gemeinsamkeit: Vorurteile ihnen gegenüber sind noch immer weit verbreitet, sie gelten als verrucht und unseriös und als nicht salonfähig. Außerdem werden ihnen oft Kriminalität oder kriminelle Verbindungen nachgesagt. Bei einer genaueren Betrachtung dieser Berufe kann man aber leicht feststellen, dass die meisten Vorurteile überhaupt nicht fundiert sind, sondern vor allem historisch und durch die Popkultur bedingt sind.

So geht beispielsweise der schlechte Ruf von Prostituierten bis ins Mittelalter und in die Antike zurück. Kleiderordnung legten fest, welche Farben sie zu tragen hatten – damit einher ging soziale Ausgrenzung. Das Mittelalter kannte aber noch weitere unehrliche oder geächtete Berufe, die heute in dieser Form nicht mehr existieren. Diese waren unter anderem Henker, Totengräber, Lumpensammler, Kesselflicker oder die sogenannten Türmer, die in den hohen Türmen der Stadt ohne Kontakt zur Außenwelt wohnten und die Bewohner unter anderem vor Gefahren warnten. Auch die umherziehenden Spielleute und Schausteller hatten kein leichtes Leben. Obwohl sie auf Festen zur allgemeinen Unterhaltung beitrugen, waren sie nicht durch die bürgerlichen Gesetze geschützt und durften keine heiligen Sakramente empfangen.

Werfen wir nun einen klischeefreien Blick auf heutige Berufe mit zweifelhaftem Ruf, was tatsächlich dahintersteckt – und was man in diesen nicht ganz gewöhnlichen Jobs so verdienen kann.

Zwischen Ästhetik und Kriminalität? Der Beruf des Tätowierers

Mittlerweise sind Tätowierungen durchaus im Mainstream angekommen. Doch es nicht noch nicht lange her, dass die Meinungen der Leute bei Tattoos weit auseinandergingen – und zum Teil noch heute. Während viele den ästhetischen Wert betonen, halten andere sie für ein Zeichen der Kriminalität. Im Christentum gelten Tattoos strenggenommen als Schande, laut christlichen Schriften sind sie ein Symbol von Ungläubigen und dem Teufel. Trotzdem kam es in der Geschichte immer wieder vor, dass sich Christen Tattoos stechen ließen. Unter anderem bei den mittelalterlichen Kreuzrittern war dieses Phänomen verbreitet. Das Kreuz auf der Haut sollte als Identifizierungsmerkmal dienen, damit ihnen eine christliche Ruhestätte sicher war. In anderen Religionen und Kulturen hatten und haben Tätowierungen verschiedene weitere Bedeutungen: So sollten sie in Ägypten den Verstorbenen Kraft geben und bei den Ureinwohnern Japans waren Tätowierungen rund um den Mund das Symbol von erwachsenen Frauen. Bekannt sind auch die Tā moko genannten traditionellen Tätowierungen der Māori, der indigenen Bevölkerung Neuseelands.

Oft können Tätowierungen aber auch Zugehörigkeitsmerkmale zu verschiedenen (Sub-)Kulturen sein. Dies ist auch der Ursprung der meisten Vorurteile von Tattoos: Die Assoziation mit nicht gesetzestreuen Gruppierungen. So gelten Tattoos als Erkennungsmerkmal von kriminellen Banden und Clans. Vor allem durch die Mainstream-Popkultur und Hollywood wird dieses Image immer wieder angefeuert. Ebenso sind sie seit Jahrzehnten als Merkmale von Inhaftierten und vermeintlich harten Typen wie Seeleuten und Motorradfahrern stigmatisiert.

Auf der anderen Seite ist in den letzten Jahren die Akzeptanz gegenüber Tattoos gestiegen, besonders junge Menschen können sich für diese Art des Körperschmucks begeistern. Während 2012 noch rund 11 Prozent der deutschen tätowiert waren, so waren es 2019 schon 21 Prozent, also mehr als jeder Fünfte. In der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen hat sogar fast jeder Zweite ein Tattoo. So stieg ebenfalls die Zahl der Tattoo-Studios in Deutschland. Während die Zahl in den 1980ern und 90ern noch im niedrigen zweistelligen Bereich lag, gibt es inzwischen mehrere Tausend gewerblich gemeldete Studios.

Auch wenn die Nachfrage nach Tattoos hoch ist wie noch nie und es immer mehr Tattoo-Studios gibt, ist die Ausbildung zum Tätowierer nach wie vor nicht gesetzlich anerkannt und geregelt. Die meisten Tätowierer und Tätowiererinnen absolvieren ihre Ausbildung in einem Tattoo-Studio. Dort lernen sie alle notwendigen Grundlagen, die für das Tätowieren notwendig sind. Allerdings ist eine solche Ausbildung in vielen Fällen nicht vergütet. Wer seine Kunst noch weiter verfeinern möchte, kann sich außerdem an privaten Schulen und Hochschulen nach Ausbildungsplätzen oder Weiterbildungsplätzen umsehen.

Natürlich sollten Interessierte sowohl kreative als auch künstlerische Fähigkeiten mitbringen, denn daran hängt letztlich ihr beruflicher Erfolg. Sie müssen sich schließlich eine Reputation und einen Kundenstamm aufbauen können. Dementsprechend kann das Gehalt von Tätowierern und Tätowiererinnen nicht immer eindeutig bestimmt werden. Normalerweise richtet sich der Verdienst nach dem jeweiligen Stundensatz, der von verschiedenen Faktoren abhängt. Einerseits spielen das Ansehen und die Erfahrung des Tätowierers und die regionale Konkurrenz eine große Rolle. Andererseits kann der Verdienst für jedes einzelne Tattoo variieren. Die Tätowierer und Tätowiererinnen beachten beim Preis immer die Größe des Tattoos und die entsprechenden Materialkosten und Dauer der Sessions.

So liegt der Preis oft zwischen 70 und 300 Euro, doch die Skala ist bei großflächigen Arbeiten quasi nach oben offen. Außerdem besteht ein Unterschied zwischen selbstständigen und angestellten Tätowierern. Für Angestellte gilt grundsätzlich, dass der Inhaber die Arbeit bewertet und anhand dessen einen Stundensatz festlegt. Davon wird allerdings nur ein Anteil ausgezahlt. Selbstständige können ihren eigenen Stundensatz festlegen und müssen diesen nicht mit ihrem Chef teilen, somit können sie über den gesamten Umsatz frei verfügen. Sie müssen allerdings auch mehr organisatorische Aufgaben erledigen, zusätzlich zur kreativen Arbeit. Während Angestellte von der Reputation des Studios profitieren, müssen sich Selbstständige allein einen eigenen Ruf aufbauen.

Türsteher und Bouncer: harte Arbeit und wenig Anerkennung

Der Berufsalltag von Türstehern und Türsteherinnen bietet nur wenig Platz für Glamour. Tagein, tagaus diskutieren sie mit Betrunkenen und abgelehnten Partygästen, führen Eingangskontrollen durch und müssen für handgreifliche Auseinandersetzungen gewappnet sein. Klassische Vorurteile sind ein geringer Bildungsstand, gewalttätige und aggressive Neigungen sowie kriminelle Verbindungen. Was dabei oft ignoriert wird: In den allermeisten Fällen sind es die abgelehnten Gäste, die die Situationen eskalieren. Die Aufgabe der sogenannten Bouncer ist es, Ruhe zu bewahren und zu deeskalieren. Gewalt drohen sie nur uneinsichtigen Leuten an. Weiter müssen sie glaubwürdig sein und Autorität besitzen, um die Regeln vernünftig durchsetzen zu können.

Ebenso ist das Bild von den muskelbepackten Türstehern und Türsteherinnen wenig mehr als ein Klischee. Zwar ist körperliche Fitness notwendig und Kampfsporterfahrung hilfreich. Davon ab kann dieser Beruf aber in gewisser Weise als ein Querschnitt durch die Gesellschaft angesehen werden. So gibt es auf der einen Seite ehemalige Häftlinge, auf der anderen Seite aber auch Doktoranden oder Familienväter. Jeder Bouncer tritt anders auf und die Arbeitgeber entscheiden selbst, welche Anforderungen sie erfüllen sollen.

Um Türsteher zu werden, sind in vielen Fällen keine formellen Voraussetzungen zu erfüllen. In erster Linie achten die Arbeitgeber auf die persönlichen Fähigkeiten der Bewerber. Oft verlangen Nachtclubs und Veranstalter außerdem einen sogenannten Bewachungsschein, der in der Bewachungsverordnung §34a geregelt ist und durch die Industrie- und Handelskammer (IHK) vergeben wird. Seltener wird von den Bewerbern verlangt, eine abgeschlossene Ausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit nachweisen zu können. Außerdem ist es hilfreich, Kontakte zu anderen Türstehern und Türsteherinnen zu haben, da oft nur wenige Stellen offiziell ausgeschrieben werden. Viele Bouncer sind zudem direkt bei den Clubs angestellt, Security-Firmen werden meist lediglich bei größeren Veranstaltungen engagiert.
Das Gehalt von Türstehern und Türsteherinnen richtet sich in der Regel nach den Arbeitgebern und Clubs, in denen sie arbeiten. Normalerweise liegt der Stundenlohn zwischen 10 und 15 Euro. Wer bei besonderen Events angestellt ist, kann auch mit einem höheren Gehalt rechnen.

Ältestes Gewerbe der Welt – und trotzdem nicht anerkannt?

Das Geschäft mit der Liebe ist so kontrovers wie fast kein anderes. Während Sexarbeit von einigen als menschenverachtend, ausbeuterisch und unmoralisch angesehen wird, ist es für andere absolut unproblematisch. Wichtige Prämisse ist dabei, dass sich die Arbeiter und Arbeiterinnen freiwillig dafür entscheiden. Das Thema wird von Land zu Land höchst unterschiedlich behandelt: In Deutschland ist Prostitution beispielsweise legal und unterliegt sogar Regularien, ebenso in den Niederlanden und in der Schweiz. In anderen europäischen Staaten wie Italien, Spanien oder dem Vereinigten Königreich herrscht eine begrenzte Legalität, die Prostitution an sich verbietet. Trotzdem bestehen dort mehrere Schlupflöcher. In den meisten Ländern der Welt ist Prostitution aber illegal, beispielsweise in Frankreich sowie in den meisten Bundesstaaten der USA, großen Teilen Osteuropas und arabischen Ländern. In Norwegen, Schweden und Island wiederum ist die Prostitution an sich legal; strafbar macht sich dort nur, wer diese Dienstleistungen auch in Anspruch nimmt.

Die Sexarbeit in Deutschland unterliegt grundsätzlich den Regelungen des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG). Dies besagt, dass Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter ihre Tätigkeit anmelden und gegebenenfalls sogar ein Gewerbe anmelden müssen. Zusätzlich müssen sie sich regelmäßigen Gesundheitschecks unterziehen und die Meldebescheinigung (umgangssprachlich Hurenpass) spätestens alle zwei Jahre erneuern. Dieses Gesetz wird allerdings oft dahingehend kritisiert, dass vielen Sexarbeitenden nicht richtig geholfen werden kann und sie nicht so schützt, wie es eigentlich sollte. So fehle den Behörden die nötige Einsicht, um einzelne Situationen beurteilen zu können. Außerdem biete das Gesetz keinen Schutz für die Sexarbeitenden, die sich aus den verschiedensten Gründen nicht registrieren wollen oder können. Diese werden somit gezwungen, illegal zu arbeiten, ohne die Möglichkeit, sich an die Polizei oder an Beratungsstellen zu wenden.

Dieses Gesetz schafft es also nicht, die eigentlichen Probleme der Branche zu lösen. Menschenhandel und Zwangsprostitution bleiben nach wie vor präsent, ebenso wie die Vorurteile gegen die Sexarbeit und die damit einhergehenden Bedenken. Dass die illegale Ausübung der Arbeit durch das Gesetz nicht verhindert wird, belegen auch die Zahlen. Offiziell sind rund 25.000 Sexarbeitende behördlich gemeldet. Schätzungen gehen aber davon aus, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher einzuordnen ist – bis zu 200.000. Die Corona-Pandemie hat auch ihren Teil dazu beigetragen. Aus Gründen der Infektionseindämmung herrschte zwischenzeitlich ein Prostitutionsverbot, doch die Sexarbeitenden mussten trotzdem irgendwie ihren Lebensunterhalt bestreiten. Viele sahen keine Alternative, als illegal und heimlich weiterzuarbeiten.

Das Einkommen von Sexarbeitenden kann stark variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab. So spielen neben dem eigenen Stundensatz auch die Anzahl der Kunden, die Konkurrenz und der angebotene Service eine Rolle. Außerdem unterscheidet sich das Gehalt zwischen Selbstständigen und der Tätigkeit in einem Bordell oder Laufhaus. In Bordellen wird der Stundensatz oft von den Betreibern festgelegt und kann sogar bei ungefähr 50 Euro pro Termin liegen. Selbstständige, vor allem sogenannte Edel-Prostituierte, können dagegen schon Summen im hohen dreistelligen Bereich verlangen. Den genauen Preis bestimmt letztendlich jeder und jede individuell für sich selbst.

Dorffest, Kirmes und Co. – der Beruf von Schaustellern und Zirkusartisten

Besonders bei Kindern sind Zirkusse und Jahrmärkte beliebt. Es ist für sie immer wieder ein Erlebnis, den verschiedenen Attraktionen und Vorstellungen beizuwohnen. Viele Erwachsene sehen haben aber ein kritisches Bild gegenüber Schaustellern, die diese Gewerbe betreiben. Kein fester Wohnsitz, immer durch das Land reisend, auf der Suche nach der nächsten Gelegenheit, etwas aufzuführen – schon im Mittelalter mied man das sogenannte Fahrende Volk, das immer nur unter sich blieb. Auch in heutigen Zeiten, wo diese Tätigkeiten selbstverständlich angemeldete Gewerbe sind, bleiben die Vorurteile bestehen. Durch das unbeständige Leben und die eingeschworene Gemeinschaft der Schaustellerinnen und Schausteller werden sie oft für sonderbar und nicht vertrauenswürdig gehalten.

Schausteller betreiben normalerweise Kirmesbuden, Fahrgeschäfte und Attraktionen, die über Generationen hinweg in Familienhand sind. Für Neueinsteiger ist es entsprechend schwer, einen Platz in der Branche zu finden, zumal die notwendigen Wagen und Fahrgeschäfte in der Anschaffung sehr teuer sind. Größere Attraktionen können durchaus mehr als 100.000 Euro kosten. Dazu kommen noch die immer wiederkehrenden Kosten für Strom, Stellplätze, Wartungsarbeiten und Personal. Das Einkommen von Schaustellern und Schaustellerinnen richtet sich nach dem Erfolg ihrer Geschäfte. Folglich haben Wind und Wetter, Konkurrenzveranstaltungen, der Standort des eigenen Geschäftes und viele weitere Faktoren massiven Einfluss auf die Einkünfte. So müssen sie immer die Anzahl der Kunden und Besucher vorausplanen und entsprechend die Preise anpassen.

Wer bei Fahrgeschäften anheuert, verdient so nur selten mehr als 1.000 Euro im Monat, auch wenn Verpflegung und Unterkunft in den meisten Fällen von den Betreibern gestellt werden. Wer sich für diese Arbeit interessiert, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es ohne Herzblut für die Sache schlichtweg nicht geht. Denn das große Geld lässt sich hier normalerweise nicht verdienen.

Das Leben von Artisten und Akrobaten sieht ähnlich aus. Gemeinsam mit der ganzen Crew proben sie ihre Performances, um diese dann vor einem Publikum aufführen zu können. Dabei ist es erstmal unwichtig, ob sie bei einer Zirkustruppe arbeiten oder über eine Agentur für Konzerte oder ähnliche Veranstaltungen vermittelt werden. In beiden Fällen reisen sie mit der Gruppe durch das Land und bleiben während der Tourneen nie lange an einem Ort. Das durchschnittliche Gehalt von Artisten und Akrobatinnen liegt bei ungefähr 2.500 Euro im Monat, geht also kaum über den Mindestlohn hinaus. Clowns, die außerhalb eines Zirkus arbeiten, heuern in der Regel bei Kindergeburtstagen oder anderen Feiern an. In diesen Fällen üben sie allerdings keinen Vollzeitjob aus und verdienen im Monat rund 1.200 Euro.

Für die Zirkustruppe gilt im Allgemeinen das Gleiche wie für die Schausteller: In ihrem Job kann man nicht reich werden, sie sollten also immer mit Herzblut und Spaß an der Sache arbeiten. Für sie ist es mehr eine Berufung als ein Beruf.

Quellen:

Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V.

Barber DTS

desired

Diakonie Deutschland

jetzt (Süddeutsche Zeitung)

karriere-aktuell.de

Kulturgut Volksfest gUG

Mitteldeutsche Zeitung

mytattoo.com

Planet Wissen

schausteller.de

Der Spiegel

steuerklassen.com

Südwestrundfunk

Welt

worldpopulationreview.com

 

Autor: Christoph Deutscher