Probearbeiten im Bewerbungsprozess: Dauer, Bezahlung, Versicherung & Co.
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Das Bewerbungsschreiben kam gut an, das Vorstellungsgespräch verlief erfolgreich – doch der Arbeitsvertrag ist noch nicht unterschrieben: Immer häufiger laden Arbeitgeber zum Probearbeiten ein, um sich ein besseres Bild von den Kandidaten machen zu können. Allerdings genießt Probearbeit einen zweifelhaften Ruf: Dies liegt vor allem an den Fällen, in denen Unternehmen Bewerber über mehrere Tage ohne Bezahlung beschäftigten, obwohl keine reelle Einstellungschance bestand oder die ausgeschriebene Stelle niemals existierte. So sollten Personalengpässe und Urlaubsausfälle überbrückt oder einmalige, spezielle Projektaufgaben bewältigt werden. Bewerberinnen und Bewerber stellen sich deshalb nicht ohne Grund die Frage, ob sie mit Kompetenz und vollem Einsatz wirklich überzeugen und ihre Chancen auf den Arbeitsplatz verbessern können oder beim Probearbeiten lediglich als billige Arbeitskraft ausgebeutet werden.
Dabei kann Probearbeit eine wichtige Chance sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer sein. Wer sich bei der Generalprobe also von seiner besten Seite zeigen möchte, ohne schamlos ausgenutzt zu werden, sollte sich vorab informieren: Was und wie viel darf ein Arbeitgeber verlangen? Wie lange darf Probearbeit dauern? Wie können Bewerber überzeugen, ohne ausgenutzt zu werden? Und ab wann muss die geleistete Arbeit bezahlt werden? Dieser Artikel gibt Antworten auf diese und weitere Fragen.*
Was ist überhaupt Probearbeit?
Es ist stets ratsam, auf Nummer sicher zu gehen, bevor man Verbindlichkeiten eingeht – das gilt insbesondere für die Berufs- und Arbeitswelt. Die Praxis der Probearbeit, welche ursprünglich vor allem im Gastronomiebereich vorzufinden war, hat sich deshalb mittlerweile auch im Personalauswahlprozess vieler Branchen etabliert. Arbeitgeber laden hierbei Einzelpersonen oder Gruppen von Bewerbern nach dem Bewerbungsgespräch ein, damit diese probeweise arbeiten. In der Regel handelt es sich dabei um einen Zeitraum zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen. Je nach Wirtschaftszweig, Unternehmen oder Position kann das Vorgehen aber variieren: So findet in einigen Fällen die Probearbeit vor dem eigentlichen Bewerbungsgespräch statt, um ungeeignete Bewerber bereits im Voraus ausschließen zu können.
Allerdings sollte Probearbeit nicht mit der Probezeit verwechselt werden. Während die Probezeit im späteren Arbeitsvertrag festgelegt wird, steht die Probearbeit vor dem Vertragsabschluss. Es handelt sich dabei also nicht um ein echtes Arbeitsverhältnis, sondern um freiwillige Mitarbeit im Rahmen des Bewerbungsverfahrens. Das offiziell als „Einfühlungsverhältnis“ bezeichnete Probearbeiten dient dabei dem unverbindlichen Kennenlernen aller Beteiligten: Arbeitgeber können die im Lebenslauf angegebenen Qualifikationen und Fähigkeiten auf die Probe stellen, sich ein Bild von der Persönlichkeit der Jobanwärter machen und das Verhalten gegenüber Kollegen beobachten. Umgekehrt können Bewerber auf die Worte im Bewerbungsgespräch Taten folgen lassen und sowohl ihr Können als auch ihre Motivation unter Beweis stellen, um sich zu profilieren. Nicht zu unterschätzen sind auch die wertvollen Einblicke in Arbeitsatmosphäre und Unternehmenskultur des potenziellen Arbeitgebers. Schließlich sollte im Idealfall nicht nur der Mitarbeiter zum Unternehmen, sondern auch das Unternehmen zum Mitarbeiter passen.
Dauer, Aufgaben, Gehalt und Versicherung: Rechtliches zur Probearbeit
Als Einfühlungsverhältnis dient die Probearbeit ausschließlich dem gegenseitigen Kennenlernen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer und genießt somit einen arbeitsrechtlichen Sonderstatus. Um Konflikte oder gar einen Rechtsstreit zu vermeiden, müssen allerdings spezifische Bestimmungen respektiert werden, damit nicht der Eindruck eines heimlichen Arbeitsverhältnisses entsteht. Auf die Rahmenbedingungen für die Probearbeit können sich die Beteiligten mündlich verständigen oder ihn sicherheitshalber schriftlich festhalten. Diese Punkte sollten unbedingt beachtet werden:
Dauer der Probearbeit
Im Gegensatz zur Probezeit gibt es keine gesetzlichen Regelungen zur Maximaldauer der Probearbeit. Kandidaten können daher für einen oder mehrere Tage eingesetzt werden, wobei der „Probearbeitstag“ die häufigste Variante ist – manchmal sogar nur einige Stunden. Allerdings kann es in einigen Fällen sinnvoll sein, die Dauer der Probearbeit auszuweiten. Dies gilt insbesondere für Unternehmen mit mehreren Niederlassungen oder bei Berufen mit einer weiten Spannbreite an Tätigkeiten, welche nur schwer in einen einzelnen Arbeitstag integriert werden können. Die Dauer der Probearbeit sollte also stets im Verhältnis zu den Umständen stehen.
Aufgaben und Tätigkeiten während der Probearbeit
Ein anderes wichtiges Thema ist die Natur der Aufgaben, welche der Kandidat oder die Kandidatin bei der Probearbeit übernimmt. Bei einem Einfühlungsverhältnis dürfen nämlich rechtlich keine gegenseitigen Rechte und Pflichten bestehen: Das bedeutet, dass der Arbeitgeber kein Direktionsrecht, sondern nur über das Hausrecht verfügt. Somit darf er weder das Tragen von bestimmter Kleidung noch das Erscheinen zu einer bestimmten Uhrzeit verlangen. Vor allem aber dürfen Bewerber nur weisungsunabhängige Arbeiten ausführen. Dabei handelt es sich um kleinere Teilaufgaben und Tätigkeiten, welche weder wertschöpfend sind noch einen Gewinn für das Unternehmen erwirtschaften. Dabei sollten sie eher begleitend an die Arbeit herangeführt werden und hospitieren, anstatt selbstständig zu arbeiten. So darf beispielsweise ein LKW-Fahrer zur Probearbeit auf dem Beifahrersitz mitfahren sowie bei der Beladung und Entladung unterstützen, allerdings sollte er keine eigenständigen Fahrten absolvieren. Insgesamt sollten die Aufgaben lediglich dazu dienen, einen Eindruck zu erhalten und nicht dazu, einen Mitarbeiter zu ersetzen.
Bezahlung der Probearbeit
Solange die Bedingungen des Einfühlungsverhältnisses gewahrt bleiben, besteht für Arbeitgeber keine Verpflichtung, die Probearbeit zu entlohnen. Allerdings steht es ihnen offen, den Zeitaufwand freiwillig und nach eigenem Ermessen zu entschädigen. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme: Sobald ein Bewerber konkrete und verwertbare Arbeitsleistungen erbringt, sieht das Gesetz einen Anspruch auf „übliche Vergütung“ vor. Egal ob Bedienung, Pflegekraft, Projektmitarbeiter, Handwerker oder Softwareentwickler – wer maßgebliche Aufgaben selbstständig ausführt, einen verwertbaren Beitrag leistet oder generell die gleichen Arbeiten wie die zukünftigen Kollegen verrichtet, befindet sich in einem (ungewollten) Arbeitsverhältnis – und hat damit ein Anrecht auf ein Gehalt.
Versicherung während des Probearbeitens
Schreckensszenario: Beim Versuch den potenziellen Arbeitgeber zu beeindrucken, kommt es zum Unfall. Mit Glück wirkt es sich nicht negativ auf die Bewerbung aus – doch wer kommt für den Schaden auf? In diesem Falle ist die Unfall- und Haftpflichtversicherung des Bewerbers für die Kostenübernahme zuständig. Wenn Arbeitslose von der Agentur für Arbeit zur Probearbeit geschickt wurden, fallen sie unter die gesetzliche Unfallversicherung. Sollte sich herausstellen, dass der Arbeitnehmer auf Anweisungen des Arbeitgebers handelte – wodurch stillschweigend ein anmeldepflichtiges Arbeitsverhältnis entstanden wäre – muss das Unternehmen mit Regressforderungen der Berufsgenossenschaft rechnen.
Probearbeiten während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses
Bewerber, die sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus bewerben, sollten dringend die Vertragsbedingungen des aktuellen Arbeitgebers prüfen. Unter Umständen kann der bestehende Arbeitsvertrag eine Klausel enthalten, welcher jede Arbeit für einen anderen Arbeitgeber untersagt – insbesondere bei Konkurrenten. Diese Regelung gilt auch, wenn der Arbeitnehmer für das Probearbeiten Urlaub nimmt.
Unseriöse Probearbeitsangebote erkennen und davor schützen
Leider sind unseriöse Angebote zur Probearbeit nicht immer sofort als solche erkennbar. Daher ist es stets sinnvoll, Erfahrungsberichte einzuholen und Online-Bewertungen des potenziellen Arbeitgebers zu recherchieren. Diese können bereits erste Anhaltspunkte liefern, um das Probearbeitsangebot bewerten zu können. Vor allem sollten Bewerber aber versuchen, folgende Fragen möglichst frühzeitig zu klären:
- Ist die Dauer der Probearbeit der angestrebten Stelle angemessen?
- Welche Arten von Aufgaben sollen bearbeitet werden?
- In welchem Verhältnis stehen Art und Umfang der Aufgaben zu den Tätigkeiten der angestellten Mitarbeiter?
- Welcher Beitrag wird durch die Probearbeit für das Unternehmen geleistet?
- Findet eine Betreuung im Rahmen der Probearbeit statt?
Oftmals können diese Fragen bereits im Anschluss an das Vorstellungsgespräch beantwortet werden. Allerdings sollten sich Kandidaten auch nicht vollends auf die mündliche Vereinbarung oder den aufgesetzten Probearbeitsvertrag verlassen: Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Kandidaten ihre Arbeit protokollieren und dokumentieren.
Tipps für Bewerber: bei der Probearbeit überzeugen
Die ersten Hürden sind geschafft, doch wer den ersehnten Job erhalten möchte, muss sich zunächst in der Praxis bewähren. Um den Arbeitgeber überzeugen zu können, sollten Bewerber einige Regeln und Tipps beachten – insbesondere wenn sie sich gegen starke Konkurrenz durchsetzen müssen. Bei der Probearbeit gelten in mehrerlei Hinsicht ähnliche Voraussetzungen wie beim Vorstellungsgespräch:
Vorbereitung ist die halbe Miete
Um bei der Probearbeit glänzen zu können, sollten Kandidaten sich gut vorbereiten. Hierzu gehört beispielsweise, falls nicht bereits vor dem Vorstellungsgespräch geschehen, sich gut über den potenziellen Arbeitgeber zu informieren. Was produziert bzw. macht das Unternehmen? Wer ist der Geschäftsführer? Wann wurde das Unternehmen gegründet? Welche Wettbewerber gibt es? Und gab es kürzlich große strukturelle Veränderungen? Dieses Wissen kann dabei helfen, Missverständnisse und Verwirrung bei der Probearbeit zu vermeiden und demonstriert zugleich das seriöse Interesse des Bewerbers am Unternehmen. Auch vermeintliche Kleinigkeiten, wie ausreichend Schlaf und die logistische Planung des Fahrtweges, können einen großen Einfluss auf den Erfolg der Probearbeit haben. Schließlich sollten Bewerber sich die Interessen des Arbeitgebers bewusstmachen, um durch ihr Verhalten einen positiven Eindruck hinterlassen zu können.
Angemessenes Erscheinungsbild und Verhalten
Obwohl Bewerber im Rahmen des Einfühlungsverhältnisses nicht dazu verpflichtet werden können, bestimmte Kleidung zu tragen, sollten Kandidaten auf angemessene Kleidung und ein gepflegtes Erscheinungsbild achten. Bei der Probearbeit geht es schließlich nicht einzig um Qualifikationen und Kompetenzen, sondern auch darum, die Persönlichkeit des Jobanwärters kennenzulernen – und das äußerliche Erscheinungsbild liefert die ersten Hinweise. Darüber hinaus sollten Bewerber auf ihr Verhalten gegenüber Betreuern und Mitarbeitern achten. Sie sollten bei Erklärungen und Einweisungen aufmerksam zuschauen und zuhören und versuchen, sich ins Team einzubringen. Im Gegensatz zu Höflichkeit, Respekt und Bescheidenheit, kann ein negatives oder aggressives Sozialverhalten die Chancen auf den Arbeitsplatz nur verringern.
Authentizität und Interesse
Lügen haben kurze Beine und wer die Probearbeit erfolgreich überstehen möchte, sollte weder im Vorstellungsgespräch noch bei der Probearbeit zu hoch stapeln. Unter Umständen kann dies dazu führen, dass der Arbeitgeber jedes Vertrauen in den Bewerber verliert, sollte die Wahrheit ans Licht kommen. Ebenso sollten Bewerber sich nicht gezwungen sehen, ihre Persönlichkeit zu verstecken: Da die Probearbeit dem gegenseitigen Kennenlernen dient, ist allen Beteiligten durch ein ehrliches und authentisches Auftreten am meisten geholfen. Auf diese Weise können sogar mögliche Konflikte, welche sonst erst im späteren Arbeitsverhältnis aufgetreten wären, frühzeitig erkannt werden. Zudem sollten Bewerber keine Angst haben, durch das Stellen von Fragen Wissenslücken zu demonstrieren – vielmehr ist dies ein Zeichen von Interesse, welches dem Arbeitgeber sicherlich positiv auffällt.
Engagement und Motivation
Bei der Probearbeit erhalten Bewerber die Möglichkeit, zu demonstrieren, was in ihnen steckt. Selbst wenn nicht jede Aufgabe auf Anhieb gemeistert wird, können Kandidaten sich durch Engagement, Fleiß und Lernbereitschaft profilieren – und sich möglicherweise sogar gegen besser qualifizierte Mitbewerber durchsetzen. Obwohl keine rechtliche Verpflichtung besteht, sollten sie die ihnen aufgetragenen Tätigkeiten gewissenhaft ausführen und bei der Arbeit mit anpacken.
Zusammen mit guter Vorbereitung, Freundlichkeit und Authentizität steigert das die Chancen auf eine erfolgreiche Probearbeit und damit die Einstellung.
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Quellen:
Anwalt.org
Arbeits-abc
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Handelsblatt
Haufe
Impulse
Institut für Wissen in der Wirtschaft
* Dieser Service stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt diese auch nicht.